27. Hochbegabt gescheitert - Warum hohe kognitive Fähigkeiten nicht vor Krisen schützen
Shownotes
Was passiert, wenn ein hochbegabtes Kind in der Schule scheitert? In dieser Folge spreche ich mit Autorin und Mutter Susanne Burzel, die in ihrem Buch „Hochbegabt gescheitert“ sehr offen über die Herausforderungen, aber auch die schönen Momente berichtet, die das Leben mit einem hochbegabten Kind mit sich bringt.
Wir sprechen darüber, warum Hochbegabung nicht automatisch Erfolg bedeutet, welche Hürden Familien auf dem Weg zur Diagnose überwinden müssen und wie Eltern Unterstützung finden, wenn sie selbst straucheln. Außerdem räumt Susanne mit einigen Mythen rund um Hochbegabung auf – und erzählt, warum Schule nicht immer der beste Ort zum Lernen ist.
ACHTUNG: Susannes Buch ist für mich eher eine Biographie, die wunderbar mitnimmt, sich weniger allein fühlen lässt, aber auch Mut macht und die ich darum gerne empfehle. Für tieferes Fachwissen zu weiteren neurodivergenten Formen wie ADHS oder Autismus bieteren darauf spezialisierte Sachbücher einen anderen Fokus..
Hier findet ihr mehr über Susanne und ihre Arbeit:
- https://susanneburzel.de
- https://www.instagram.com/susanneburzelautorin/
- https://www.amazon.de/Hochbegabt-gescheitert-Erfahrungs-Mutmachbuch-Underachievement/dp/3982620163
Webseiten, Sendungen und Podcasts:
- https://dghk.de
- https://www.lmvz.ch/wissen/lichtblick-fur-helle-kopfe
- https://www.karg-stiftung.de
- https://hochbegabt-podcast.de
- https://www.instagram.com/fliegendes_klassenzimmer/?hl=de … (individuelles Arbeiten)
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00:00:02: Der erste Schultag nach den Sommerferien traf uns wie ein Schlag.
00:00:06: Nie hätten wir gedacht, dass die Situation derart eskalieren würde.
00:00:11: Unser Sohn verweigerte die Schule.
00:00:13: Und das Schlimmste, wir wussten weder warum das so war, noch was wir tun konnten.
00:00:20: Diese Sätze stammen aus der Einleitung des Buches hochbegabt gescheitert.
00:00:25: Geschrieben hat dieses Buch Susanne Borzel.
00:00:28: Sie ist unter anderem Autoren und eben Mutter eines hochbegabten Kindes.
00:00:33: Welche Hürden, Herausforderungen, aber auch welche schönen Momente diese Begleitung mit sich bringt.
00:00:38: Darüber wollen wir heute sprechen.
00:00:43: Ein Kopf voll Gold, was Neurodivagente Kinder brauchen und wie wir sie stärken können.
00:00:52: Hab Freiheit.
00:00:55: Liebe Susanne, Hochbegab gescheitert.
00:00:59: Schließt sich das bei solch kognitiven Fähigkeiten nicht eigentlich aus?
00:01:03: Sollte man meinen, ja.
00:01:05: Aber wir haben ja noch den schönen Zusatz im Buch, nämlich, also im Buchtitel, nämlich und neue Türen öffnen sich.
00:01:10: Das macht ja so ein bisschen Hoffnung, geht so ein bisschen weg von diesem Scheiterngedanken.
00:01:15: Und das war mir ganz wichtig, auch diesen Hoffnungsschimmer auch zu streuen, direkt im Titel.
00:01:22: Sind hochbegabte Kinder denn nicht eigentlich Wunderkinder?
00:01:26: Wie kann es dazu scheitern kommen?
00:01:28: Ja, wenn wir so in die Zeitung reingucken, der vierzehnjährige studiert Physik und die elfjährige hat Abi gemacht, dann mögen wir das glauben, dass Hochbegabung was ganz Wunderbares ist und dass die leicht durchs Leben kommen.
00:01:40: Aber es gibt halt auch die andere Seite, wo es dann halt eben schwierig wird oder werden kann, nicht für allen.
00:01:46: Und wo es dann halt eben zu Problemen kommt, zu Herausforderungen, gerade auch im Schulsystem, was ich immer gerne als Nadelöhr bezeichne.
00:01:57: Zu genau diesen Herausforderungen kommen wir sicherlich im Laufe unseres Gesprächs.
00:02:01: Wir fangen jetzt aber mal am Anfang an.
00:02:04: Wenn du ein Wort finden müsstest oder vielleicht auch eine Überschrift für deine ersten Jahre als Mutter, was wäre das?
00:02:13: Das ist eine gute Frage.
00:02:16: Sehr gut.
00:02:17: Ja, genau.
00:02:18: Vielleicht anders als alle anderen.
00:02:21: Was meint das genau?
00:02:23: Das meint, dass unser Kind irgendwie anders war als die anderen, was man so in den typischen Babykreisen, wenn man sich trifft mit anderen Eltern, mit anderen Müttern in den Morgenkreisen, in Babymassage und so weiter.
00:02:37: Das Kind verhält sich einfach anders als die anderen, aber jetzt nicht besorgniserregend anders, sondern man merkt schon, okay, irgendwie spielt nicht so mit anderen Kindern, sondern ist eher in der Bauecke beschäftigt.
00:02:49: oder bei der Babymassage hält es keine Ruhe, sondern ist nur zappelig und möchte das gar nicht.
00:02:55: Solche Situation beschreibst du ja auch in deinem Buch und da habe ich mich sehr drin wieder erkannt.
00:03:00: Also das sind solche Situationen, die einfach anders sind.
00:03:04: Und man wird auch hier und da von Eltern angesprochen, nach dem Motto ja, das wird ja mal irgendwann ein Bauingenieur oder so was, weil er einfach so technisch versiert und interessiert war schon im ganz kleinen Alter, allen Dingen auf den Grund gehen wollte und grundsätzlich nie da war, wo auch die anderen.
00:03:18: Kinder waren zum Spielen.
00:03:21: Hast du dieses anders als die anderen eher mit so einem kleinen Bauch krummeln und einem kleinen Sorgenfältchen wahrgenommen oder erst noch recht gelassen?
00:03:32: Recht gelassen.
00:03:33: Ich war sogar so ein bisschen stolz darauf, dass er halt so ein bisschen andere Fähigkeiten hat.
00:03:38: So den Dingen, wie gesagt, auf den Grund gegangen ist, so mit drei Jahren hat er zum Beispiel mal so ein Teichschlauch ausgegraben bei Bekannten im Garten.
00:03:47: und Wenn es auch tragisch ist, solche Situationen, so ist es auf der anderen Seite doch mit einem Augenzwinkern und mit so einem Ja, er will mehr wissen als andere.
00:03:56: Und das ist ja eigentlich auch was Positives.
00:03:58: Ich fand das schon immer interessant.
00:04:00: Also jetzt stolz hätt ich so ein bisschen schwierig an, aber ich fand es immer sehr interessant, dass sich mein Kind anders entwickelt.
00:04:07: Aber es war jetzt nicht ... Ich hatte jetzt keine Sorgen, dass das irgendeine falsche Richtung geht, sondern ich hab's beobachtet.
00:04:15: Aber in dem Moment, wenn es in Richtung Sozialisation gegangen ist, in Richtung Kindergarten, später auch in Schule, da haben wir natürlich dann auch die Grenzen entdeckt und spüren müssen, die so ein, ich sage es mal, besonderes Kind mit sich bringt oder mit besonderen Herausforderungen.
00:04:33: Das ist ja ohnehin etwas sehr Typisches.
00:04:36: Du beschreibst es so ein bisschen als Nadelöhr, dass Dinge, die man... wie du sagst, eigentlich fast positiv interessiert so wahrnimmt, vielleicht und dann da auch mal einen grübeligen Gedanken darüber hat, aber letztendlich da ganz positiv draufschauen kann, dass sich das dreht, sobald es eben in Kontexte geht, die außerhalb des Familienraums sind, außerhalb von freieren Räumen, das ist ja was sehr, sehr typisches.
00:05:04: Und über diese Schwierigkeiten, die du da angesprochen hast, werden wir auch im Laufe der Folge sicherlich sprechen.
00:05:12: Jetzt, wenn ich mich richtig erinnere, wurde die Hochbegabung Eures Sohnes mit sechzehn Jahren festgestellt.
00:05:18: Auf jeden Fall im späteren Jugendalter.
00:05:21: Es gab davor auch noch einige andere Diagnosen, die im Raum standen oder auch getroffen wurden.
00:05:28: Wann?
00:05:29: War dann bei dir das erste Mal der Moment.
00:05:32: Kannst du dich daran erinnern, wo eben dieses positive Interesse und auch ich schaue mir das mal an und auch das finde ich eigentlich ganz spannend, was mein Sohn mir da so präsentiert und zeigt.
00:05:43: Wann ist das umgedreht oder wann kam dieser Gedanke?
00:05:47: Hey oder steckt da vielleicht doch noch was dahinter, was ich mir genauer anschauen muss?
00:05:54: Es waren weniger eigene Eindrücke, die ich gewonnen habe, wo ich mir Sorgen gemacht habe, sondern eher was von außen an uns herangetragen wurde.
00:06:02: Also zum Beispiel im Kindergarten, ganz typische Situationen, als die Erzieherinnen erzählt haben.
00:06:08: Unser Sohn würde nicht auf Aufforderungen hören, zum Beispiel in der Gruppe.
00:06:12: Also, für uns zu Hause war es schon normal, dass ich meinem Kind, meinem Sohn jeden Tag sagen musste, hey, zieh erst die Strümpfe an, dann ziehst du die Unterhose an, dann ziehst du die Hose an.
00:06:21: Also, ich musste ihn praktisch dirigieren, aber das war irgendwie normal.
00:06:24: Es war nervig, aber es war irgendwo normal.
00:06:27: Und im Kindergarten, als es dann anfing, dass er regelmäßig befolgte, er wusste die auswendig aufzusagen, gar kein Problem, aber er befolgte sie einfach nicht, weil sie für ihn wahrscheinlich im Nachhinein keinen Sinn ergaben.
00:06:40: Und als die Erzieherinnen, wie gesagt, haben, er funktioniert nicht, wenn wir Aufforderungen an die Gruppe geben, und dann macht er einfach seinen Ding weiter, er reagiert gar nicht.
00:06:50: Und da haben wir uns gedacht, das könnte schwierig werden, auch gerade im Hinblick auf Schule, weil es tauchte so im Vorschulalter auf, dass die auch Bedenken geäußert haben und überlegt haben sogar, ob unser Kind ein Jahr später eingeschult werden sollte, um erst nochmal so dieses sozialen
00:07:08: ...
00:07:09: Fähigkeiten auch zu üben im Kindergarten.
00:07:11: Also das war so der Moment, wo wir dann auch überlegt haben, jetzt ist es Zeit, nochmal zu gucken und auf Empfehlung und mit der Zusammenarbeit mit den Erzieherinnen haben wir dann erst mal eine Erziehungsberatung in Anspruch genommen, die völlig ins Leere lief.
00:07:27: Und dann anschließend gab es halt eben diese ADHS Diagnostik.
00:07:32: Kannst du dich an den Moment erinnern?
00:07:35: Als du den Entschluss oder ihr den Entschluss gefasst habt, das machen wir jetzt.
00:07:39: Weißt du noch, wie das so war, wo ihr euch hingewendet habt?
00:07:42: Das ist vielleicht auch noch für Zuhörende spannend und wie dann der weitere Weg da war.
00:07:48: Wir waren sehr froh, also der Moment, wo wir gesagt haben, okay, wir müssen jetzt handeln.
00:07:52: Wir haben uns in dem Moment noch aufgehoben gefühlt.
00:07:55: Das war im Kindergarten, weil uns die Erzieherinnen damals konkrete ... Stellen genannt haben, wo wir mal hingehen sollen.
00:08:02: Also zur Erziehungsberatung.
00:08:04: Es war vom Kreis, war das so eine Stelle.
00:08:07: Da sind wir hingegangen, haben Termin gemacht und dann ... hat sie uns, glaube ich, auch empfohlen, in eine Klinik zu gehen, Kinder- und Jugendpsychiatrie, und da eben die ADHS-Diagnostik zu machen.
00:08:19: Also zu dem Zeitpunkt fühlten wir uns noch aufgehoben, aufgefangen, gut begleitet, gut betreut, sodass wir weniger in der Sorge waren, jetzt, wo wende ich mich hin, wo muss ich jetzt als nächstes gucken, oder wo ist die richtige Stelle, die für uns verantwortlich ist.
00:08:35: Wie hast du dich gefühlt, als das Wort ADHS im Raum stand, überhaupt die Möglichkeit und ... dass man das jetzt weiterverfolgt, ob es das ist?
00:08:44: Es hatte sich ja schon so ein bisschen angedeutet.
00:08:47: Ich glaube, ich hatte zu dem Zeitpunkt auch schon mal so ein bisschen recherchiert, weil der Begriff muss wohl vom Kindergarten gefallen sein.
00:08:55: Also es ist natürlich jetzt auch schon viele Jahre her.
00:08:57: Unser Sohn ist einundzwanzig.
00:09:00: Von daher ist die Erinnerung nicht mehr ganz so frisch.
00:09:03: immer dazu geneigt oder immer schon sehr, sehr viel recherchiert.
00:09:07: Nach dem Motto, was ist das, was könnte das sein?
00:09:10: Ich war jetzt nie schockiert in dem Sinn, sondern ich habe immer gleich auf Angriff geschaltet.
00:09:15: und also Angriff, ja, aber auf,
00:09:17: ich
00:09:18: brauche Informationen.
00:09:19: Und dann habe ich mich hingesetzt, habe recherchiert und habe dann auch abgeglichen, passt das zu unserem Sohn und könnte das die richtige Richtung sein.
00:09:27: Eine Strategie, die mir selber sehr bekannt ist, für mich eine ganz wichtige Unterstützung auf diesem ganzen Weg, den wir so hinter uns haben, war und ist bis heute.
00:09:37: dass ich informiert bin und dass ich ins tun komme und wenn dieses tun auch nur in anführungsstrichen ist mich sehr zu belesen einzutauchen einfach um eine idee davon zu haben.
00:09:48: worum geht es hier?
00:09:49: das macht so viel sicherer als wenn man so völlig ohne jeglichen strohheim und anke.
00:09:55: in diese situation geht also vielleicht das auch noch mal ein impuls für alle die ein ähnlicher Stelle stehen.
00:10:01: Und bei euch war es ja dann so, dass diese Diagnose erfolgt ist.
00:10:05: Konntest du dich mit der gut anfreunden?
00:10:06: Also hast du gedacht, jetzt haben wir unsere Antwort?
00:10:09: Ja, auf jeden Fall.
00:10:10: Also das hat für mich gepasst, weil die Symptome haben gepasst von ADHS.
00:10:14: Er ist mit einer überdurchschnittlichen Begabung getestet worden.
00:10:17: Das hat für mich auch erst mal gepasst.
00:10:19: IKO-Hundert-Einundzwanzig war das damals.
00:10:21: Und hab ich gedacht, okay, das passt.
00:10:23: Das ist perfekt für ihn.
00:10:26: Das Einzige, was mich gestört hat, in dem Abschlussgespräch war, dass wir sofort die Empfehlung für Medikamente hatten, aber keine Empfehlung für therapeutische Maßnahmen.
00:10:35: Also, das war sofort auf dieses Abschiebegleis, so garen wir uns vor nach dem Motto, na ja, ne, Medikamente, und dann wird der Rest schon klappen.
00:10:43: Das fand ich sehr unschön.
00:10:45: Aber wir haben uns trotzdem damit orangiert und ... wie du schon sagst, informieren, informieren, informieren.
00:10:51: Ich habe das Internet gewälzt, welche alternativen Möglichkeiten gibt es.
00:10:55: Und deswegen habe ich ein Kapitel in meinem Buch, das heißt das Versuchskaninchen, weil wir wirklich alles ausprobiert haben.
00:11:01: Von Homöopathie über Mindwaves, das sind solche, was die Gehirnwellen positiv beeinflussen soll, über glutenfreie Ernährung, Vitamine.
00:11:10: Also wir haben wirklich alles Mögliche ausprobiert und letztendlich dann doch diesen Weg gehen müssen.
00:11:18: Ja.
00:11:19: Den Weg der Medikamente.
00:11:20: Ganz
00:11:21: genau.
00:11:21: Mhm.
00:11:21: Mhm.
00:11:22: Wie war das?
00:11:23: Ich weiß, also das schreibst du auch in deinem Buch oder Events, dass das ja ein schwieriges und kontroverses Thema ist, dass sich natürlich Eltern nicht leicht machen, aber da wird viel mit Schmüten und viel mit schnellen Vorurteilen um sich geworfen.
00:11:39: Ich bin auch völlig bei dir, dass man durchaus hellhörig werden kann, wenn ausschließlich in diese Richtung beraten wird.
00:11:46: Das war bei uns nicht der Fall, also wir haben zum Glück sehr viele Möglichkeiten aufgezeigt, bekommen von therapeutischer Begleitung, das wären zum Beispiel Verhaltenstherapie, manchmal ist auch eine Psychotherapie für Kinder ein Weg, gerade wenn das Selbstbild schon sehr arg gelitten hat, das gibt es ja regelmäßig, Ergotherapie und so weiter.
00:12:04: Und uns wurde aber auch, und das fand ich eben so, das war wieder Wissen und Transparenz und Verstehen.
00:12:10: dass es manchmal sinnvoll sein kann, doch schon früh mit Medikamenten zu starten, damit sich das ergänzen kann, damit sich die therapeutische Geschichte ergänzen kann und das Kind überhaupt.
00:12:21: Ja, wie soll ich sagen, vom Gehirnzustand und von der Aufnahmefähigkeit in einem Zustand ist, wo das überhaupt andocken kann, ne?
00:12:29: Also manchmal macht das Sinn, erst mal diese Wege auszuprobieren und dann später zu sagen, okay, haben wir gemacht, nein, das ist jetzt der Weg.
00:12:35: Und manchmal kann es durchaus sinnvoll sein, damit früh zu beginnen, damit das sich bestmöglichst ergänzt.
00:12:40: Aber wenn eben nur eine Komponente reingebracht wird, dann fehlt eben gerade diese therapeutische Komponente beispielsweise.
00:12:46: Und ich kann sehr gut verstehen, dass du da hellhörig geworden bist oder dachtest, irgendwie.
00:12:51: Das geht mir zu schnell an dieser Stelle.
00:12:54: Und wenn ich mich richtig erinnere, ist schon eine ganze Weile her, dass ich das Buch gelesen habe.
00:12:59: Ich habe sehr, sehr gerne gelesen, weil ich sehr mochte.
00:13:02: Ich mag immer diesen Mix aus fachlicher, fundierter Tiefe und persönlichen Erfahrungen.
00:13:08: Das, finde ich, liest sich einfach in diesem Kontext sehr gut.
00:13:11: Dann war es so, dass die Medikamente auch erst mal die Zeit, die dann kam, gut überbrückt haben, bis es dann doch... noch mal deutlich schwieriger wurde.
00:13:22: Ganz
00:13:22: genau.
00:13:23: Ja, richtig.
00:13:24: Also es war tatsächlich so, wir haben es ja dreieinhalb Jahre ausprobiert.
00:13:27: Es war so zu den Herbstferien im dritten Schuljahr, als ich dann meinen Nervenzusammenbruch hatte.
00:13:33: Und der war nicht schön.
00:13:34: Und da habe ich dann auch gesagt, okay, jetzt greife ich den letzten Strohhalm und wir geben jetzt Medikamente, wir versuchen das.
00:13:41: Der Kinderarzt hatte vorher noch mal gesagt, wir sollen es mit Koffein probieren und einfach mal zu sehen, wie die Wirkung ist und ob eine paradoxe Wirkung eintritt.
00:13:49: Und tatsächlich war das so.
00:13:51: Und daraufhin haben wir gesagt, bevor wir unseren Kind jetzt ein dreifacher Espresso mitgeben in die Schule, wir haben das wirklich gemacht.
00:14:01: Weil er hat er echt gut drauf reagiert.
00:14:03: Er war dann hochkonzentriert und fokussiert und konnte dem Unterricht folgen und er mochte das auch irgendwie.
00:14:08: Und dann haben wir gesagt, nee, das ist nicht so das Richtige.
00:14:11: und sind dann zum Kinderarzt und haben dann wirklich mit einer ganz geringen Dosis erst mal begonnen.
00:14:16: Und wir hatten dann auch so ein Schlüsselerlebnis im Einkaufszentrum.
00:14:20: Wir sind jeden Samstag einkaufen gefahren und in einem großen Einkaufszentrum.
00:14:25: Unser Sohn war immer überall und nirgends, hat nicht gehört und ist überall rumgesprungen, hat Blödsinn gemacht.
00:14:30: Und an diesem einen Samstag kam er danach zu mir und sagte, Mama, heute war so still, heute war so still hier, heute war so ruhig hier.
00:14:39: Und das war für mich so ein ... Gamechanger, so ein ... Ich hab erkannt, dass es ihm wirklich hilft.
00:14:46: Und deswegen haben wir uns entschlossen, okay, wir geben es ihm, und wir haben es ihm dann auch gegeben, er hat das auch genommen, er hat doch die Wirkung gar nicht einsetzen gespürt, er war dann einfach mehr bei sich, mehr fokussierter, man konnte mehr als einen Satz mit ihm wechseln und bis zu Pubertät.
00:15:02: Dann hat es nicht mehr geholfen, dann hat er wirklich mit Anspannung und Nervosität usw.
00:15:07: reagiert und wollte es dann auch irgendwann nicht mehr nehmen.
00:15:10: und dann haben wir es abgesetzt.
00:15:13: Das ist in der Beratung, wir sind auch eine Rückmeldung, dass man sich ab der Pubertät darauf einstellen kann.
00:15:21: muss das sich das verändern kann.
00:15:22: Es kann auch weitergehen, vielleicht muss man das Medikament wechseln, vielleicht die Dosierung noch mal anpassen, aber dass das so diese Pubertät und dieser ganze Umbau, der so in dem Kind dann stattfindet, da ganz, ganz, ganz große Wellen schlägt, das wurde uns auch schon gesagt und wir haren der Dinge, die da kommen.
00:15:41: Ich bin sehr gespannt.
00:15:43: Und wie ging es dann weiter?
00:15:45: Du hast gerade über diesen Moment gesprochen.
00:15:48: bis zur Pubertät.
00:15:49: Was hat sich da dann verändert?
00:15:52: Unser Sohn hat sich komplett verändert.
00:15:55: Ich sag immer, wir waren zwölf Jahre in der Pubertät, also von Babyalter bis zwölf Jahre.
00:15:59: Und danach ist er, und seitdem ist er das, der tiefen entspannteste Mensch, den wir kennen.
00:16:05: Er ist absolut ruhig geworden, gechillt, hat dann auch natürlich angefangen in der Schule viele Dinge noch mehr zu hinterfragen, die Sinnhaftigkeit gesucht und auch angefangen zu verweigern.
00:16:17: Ich würde sagen, er war schon immer ein recht autonomes Kind.
00:16:20: Der hat schon immer das gemacht, was er meint und hat den Dingen schon immer seinen eigenen Anstrich gegeben.
00:16:25: Und diese Seite kam halt jetzt noch stärker heraus.
00:16:29: Und wie ich mir vorstellen kann, ist das gerade so dieses Hinterfragen schulisch vielleicht nicht immer ganz positiv angekommen, um es mal vorsichtig zu formulieren.
00:16:39: Richtig.
00:16:40: Wir hatten einige Elterngespräche.
00:16:42: Also ich fahre immer die Philosophie.
00:16:45: Alle Eltern Gespräche wahrnehmen mit sämtlichen Lehrern, mit sämtlichen Lehrkräften, weil es mir immer wichtig ist ein Feedback zu bekommen und gemeinsam für das Kind zu arbeiten.
00:16:54: Das Kind steht im Mittelpunkt, der Erfolg des Kindes steht im Mittelpunkt und dann brauchst du einfach eine wertschätzende und offene Kommunikation zwischen Lehrkräften und Elternhaus.
00:17:03: Das ist unglaublich wichtig, das sage ich auch immer.
00:17:06: Das ist meine absolute Empfehlung, weil... Wir können es nicht gebrauchen, dass wir irgendwo einen Streit geraten oder uns anzweifeln oder gegeneinander arbeiten.
00:17:14: Das ist einfach nicht gut, gerade wenn es problematisch ist in der Schule.
00:17:19: Ja, wir haben dann, wie gesagt, die Elterngespräche gehabt und wir haben natürlich von vor allem Deutschlehrkräften gehört, das Kind bockt.
00:17:26: Also, das haben wir tatsächlich wortwörtlich so gehört, weil die einfach mit diesem Hinterfragen nicht zurecht kamen.
00:17:33: Sie erzählten dann auch, dass unser Kind apathisch um Unterricht sitzt und kaum ansprechbar ist.
00:17:37: Das war in einigen Fächern der Fall.
00:17:40: Es gab aber auch andere Fächer, wo er völlig aufgeblüht ist.
00:17:43: Und mit dem Lehrer, das war ein Politik- und Wirtschaftslehrer, der war total begeistert von unserem Sohn, weil er wirklich eins zu eins Diskussion die ganze Stunde übergeführt hat, richtig tief im Thema war und interessiert war.
00:17:56: liebt.
00:17:56: Hat aber dann auch erzählt, in der schriftlichen Prüfung saß er da und war nicht in der Lage, sich ein leeres Blatt aus dem Ranzen zu holen und er musste ihm ne Sechs geben, weil er Lehrer das irgendwie nicht so richtig mitbekommen hat.
00:18:07: Also das sind so die Licht- und Schattenseiten gewesen und letztendlich wurde der Leidensdruck aber so groß, dass unser Sohn immer mehr verweigert hat, auch die Dinge, die er in der Schule gerne gemacht hat.
00:18:19: Und einmal hat er sogar gesagt, ich hab Zahlen von eins bis zweitausend geschrieben, aber es hat mir auch nicht geholfen.
00:18:26: Und Jahre später hab ich den College-Block gefunden mit diesen Blättern, wo wirklich Zeile für Zeile die Zahlen von eins bis zweitausend standen.
00:18:34: Das war wirklich so ein kleiner Schock für uns.
00:18:37: Aber ja, dann ging's halt abwärts.
00:18:45: Bevor wir gleich quasi da anknüpfen, wo ich am Anfang der Folge schon war, nämlich in dieser Erzählung aus deinen Einleitungen setzen im Buch, als dann nach den Sommerferien da eine Verweigerung war, würde ich gerne noch mal fragen, weil ich weiß, dass das ein großer Knackpunkt ist für ganz viele Eltern.
00:19:04: Diese wertschätzende Kommunikation mit den Lehrkräften, ich bin tausend Prozentig bei dir, es ist auch ein großes Feld, in dem ich immer wieder irgendwie Möglichkeiten an die Hand gebe.
00:19:12: damit das irgendwie zusammenfindet und gelingt.
00:19:15: Wenn ihr da gehört habt, hey, euer Kind bockt, das macht ihr nicht richtig mit und hält sich nicht an Regeln und so weiter.
00:19:22: Wie schafft man es da?
00:19:24: oder wie habt ihr es geschafft?
00:19:25: Wie hast du es geschafft, trotzdem in einem freundlichen Austausch zu bleiben?
00:19:31: Also ich denke mal, wenn ich freundlich reingehe, bekomme ich auch Freundlichkeit zurück.
00:19:34: Das ist das Erste.
00:19:35: Der Austausch war trotzdem freundlich bis auf eine Ausnahme mit einer anderen Schule unseres jüngeren Sohnes, was aber jetzt hier, denke ich, nur eine Nebenrolle spielt, wo wir wirklich auch Stress hatten.
00:19:48: Wo ich fast sagen kann, es fanden Mobbing seitens der Lehrkräfte statt, leider.
00:19:52: Aber in der Schule von unserem älteren Sohn war alles hilfsbereit, offen.
00:19:58: Und es wurden auch Förderpläne geschrieben.
00:20:01: Ich glaube, ich habe eine ganze Mappe mit Förderplänen.
00:20:03: Es war immer ein guter Wille, da trotzdem zu unterstützen.
00:20:07: Und ich denke, diese Sichtweise, die Lehrkraft hat das Kind ... Also ... betrachtet das Kind aus einem ganz anderen Blickwinkel heraus, weil es im Unterricht sich vielleicht auch anders verhält als zu Hause.
00:20:20: und das Vertrauen, dass die Lehrkraft auch da nochmal andere Empfehlungen hat, das sollten Eltern mitbringen und Lehrkräfte sollten wissen, dass Eltern auch ein... Ja, der beste Anwalt für das Kind sind, sag ich mal.
00:20:34: Also auch zu Hause ganz anderen einen Blick haben und einen ganzheitlichen Blick aufs Kind.
00:20:39: Und da lade ich auch immer alle Beteiligten zu ein, diesen ganzheitlichen Blick aufs Kind vorzunehmen, nicht nur schauen, was passiert in der Schule, sondern wirklich zu schauen, was passiert in der Freizeit und dafür auch den Blick zu öffnen und dann vielleicht auch noch mit einer dritten Person.
00:20:54: mit einem Therapeut, mit einem Coach, mit der Karkstiftung zum Beispiel, Lösungen zu finden, wie können wir zusammenarbeiten, um das Optimale zu erreichen?
00:21:04: Das haben wir irgendwie immerhin bekommen.
00:21:06: Ja, das ist ganz, ganz, ganz wichtig.
00:21:08: Das eine ist Haltung, was du sagst.
00:21:10: Es hat ja ganz viel mit Haltung zu tun, dass ich dem gegenüber zugestehe, einen eigenen Blick auf das Kind zu haben, auch wenn der vielleicht anders ist als das, was ich erlebe.
00:21:20: Das ist aber genauso wahr.
00:21:21: Es ist auch eine wahre Beobachtung.
00:21:24: Und sich im Ernstfall, also man merkte, das könnte jetzt wirklich, wirklich ein knackiges Gespräch werden.
00:21:29: Ich weiß gar nicht, ob ich das da allein so gut hinbekomme, zu versuchen, Menschen mit ins Boot zu holen, die da einfach eine mittelnde Position einnehmen können.
00:21:41: Also wir haben auch einmal ein Gespräch mit Therapeuten geführt und das war super, super wertvoll.
00:21:47: Und was ich auch wichtig finde, du hast gesagt, bis auf einen Fall, die meisten.
00:21:51: Lehrkräfte sind bemüht und engagiert und das soll auch noch mal an dieser Stelle Mut machen.
00:21:58: Jetzt gehen wir mal zu diesem Tag nach den Sommerferien.
00:22:03: Als es hieß, ich gehe da jetzt nicht hin.
00:22:06: Ja.
00:22:07: Du hast den ja sehr bewusst und finde sehr berührend beschrieben in diesen ersten zwei Seiten deines Buches.
00:22:15: Ich nehme an so präsent ist er scheinbar auch noch in deinem Kopf dieser Tag.
00:22:19: Ja, er ist sehr präsent, weil es wirklich dieses Hochbegab gescheitert ausdrückt, obwohl wir damals noch nicht wussten, dass unser Kind hochbegabt ist.
00:22:29: Es war ein Schock für uns, weil wir hatten ja wirklich schon alles Mögliche ausprobiert.
00:22:34: Wir haben Diagnostiken gemacht.
00:22:35: Er ist auch pädagogisch versetzt worden.
00:22:38: Mittlerweile sollte er die Klasse wiederholen, weil es immer weiter in den Strudel runter ging.
00:22:44: Aber niemand konnte ihm helfen.
00:22:45: Und da haben wir auf einmal das erste Mal diese Hilflosigkeit, diese absolute Hilflosigkeit gespürt.
00:22:52: Wo ich eben noch gesagt habe, im Kindergarten fühlten wir uns gut aufgefangen.
00:22:55: So war hier das krasse Gegenteil der Fall.
00:22:58: lost also es ging gar nichts mehr.
00:23:01: wir wussten nicht mal welche richtung wir denken sollten und unser kind so zu sehen unser sehr cleveres, interessiertes und neugieriges Kind zu sehen, wie es da stark auf dem Bett sitzt und sagt, ich kann nicht, ich schaffe es nicht mehr in diese Schule zu gehen.
00:23:18: Das war schon schock.
00:23:19: Und vor allen Dingen dann auch die Zeit, die danach kam, wirklich erst mal zu suchen und zu finden, woran liegt es denn jetzt, wo es unsere Tür, die irgendwann aufgehen kann?
00:23:29: Das war schon wirklich waren harte Wochen an der Zeit, so dass mein Mann ... Nicht arbeitsfähig war, ich selbst war nicht arbeitsfähig.
00:23:36: Es hat sich wirklich alles nur noch darum gedreht.
00:23:39: Wie gehen wir jetzt weiter vor?
00:23:41: Dunkles Sackgasse, ausweglos, das ist so das Bild, was ich immer gerne beschreibe dazu, wie wir uns gefühlt haben.
00:23:47: Jetzt kann ich sehr nachfühlen, wie die Situation gewesen sein muss.
00:23:51: Ich glaube, jedes Elternteil hat eine Idee davon, wie schwer diese Wochen dann waren.
00:23:58: Wie ging es dann weiter?
00:24:01: Unser Sohn hat dann angefangen sich in seinem Zimmer einzuschließen.
00:24:04: Also er war wirklich, man kann sagen, er war... zwei Jahre weggeschlossen, hat sich selbst der Welt entzogen.
00:24:11: Diese ganze Situation, diese ganze Schulverweigerung hat zwei Jahre lang gedauert.
00:24:16: Und hinten liefen natürlich die Rädchen.
00:24:18: Wir hatten unglaublich viele Gespräche mit der Schule.
00:24:21: Der Förderschullehrer war mittlerweile im Boot, der hat versucht zu helfen.
00:24:25: Es wurden noch mal Förderpläne geschrieben.
00:24:27: Unser Sohn war auch mit dabei bei den Gesprächen sogar.
00:24:31: Das fand ich bemerkenswert, obwohl er so nicht in die Schule ging, aber bei den Gesprächen war er teilweise dabei.
00:24:37: Dann haben wir recherchiert und durch einen Zufall sind wir auf den Begriff Under Achievement gestoßen.
00:24:44: Und das war wirklich ein Gamechanger wiederum, weil wir eine neue Richtung hatten, was denn jetzt los ist oder los sein könnte mit unserem Kind.
00:24:53: Es wurde immer in Bezug mit Hochbegabung kommuniziert.
00:24:57: Da haben wir immer gedacht, nee, das passt eigentlich jetzt nicht so auf unseren Sohn, aber alles andere passte.
00:25:02: Und dann bin ich auf Interviews gestoßen, hab mir die angehört und hab echt gedacht, wow, die sprechen hier von meinem Sohn.
00:25:09: Die kennen meinen Sohn, erzählen jetzt die Geschichte hier.
00:25:12: Und das hat mich so überwältigt, dass ich dann auch einen Coach gefunden habe, wo wir hingegangen sind.
00:25:18: Und dieser hat empfohlen, nochmal eine Begabungsdiagnostik zu machen.
00:25:21: Das heißt, ich glaub, er war dann in der Mitte, dann wurde die Hochbegabung festgestellt.
00:25:28: Die Erfolge im Coaching waren jetzt leider nicht so, dass er wieder in die Schule gehen konnte.
00:25:32: Deswegen haben wir dann erst mal überlegt, okay, eine Reha wäre vielleicht ganz gut.
00:25:36: Dann ging er sechs Wochen in die Reha, was sehr, sehr gut war.
00:25:39: wo er viele Vorteile für sich dann auch herausgeschöpft hat, obwohl er in der ersten Woche mit Fahrrad und Zelt am liebsten nach Hause gefahren wäre.
00:25:47: Vierhundert Kilometer.
00:25:50: Genau, weil es überhaupt nicht gefallen hat.
00:25:52: Aber nachher hat Freundschaften geschlossen und er hat das erste Mal gemerkt und das war wirklich bemerkenswert.
00:25:58: Er ist nicht alleine.
00:25:59: Es gibt andere Jugendliche, die auch Probleme haben, zwar nicht dieselben wie er, aber es gibt andere Jugendliche, die auch Probleme haben.
00:26:06: Und das hat ihn irgendwo geöffnet, emotional auch geöffnet.
00:26:11: Und danach ging es weiter, dann ist er noch mal zwei Tage in die Schule, hat gemerkt, ich schaffe es nicht, ich habe körperliche Schmerzen, weil ich so angespannt bin und ich habe Muskelkrempfe.
00:26:20: Und mit Schule an Schule war gar nicht mehr zu denken.
00:26:23: Und so sind wir dann zum Jugendamt.
00:26:26: Wir sind in eine psychiatrische Klinik, haben überlegt, ob wir da vielleicht eine stationäre Aufnahme machen.
00:26:33: Wir hatten mittlerweile eine Psychotherapie, die uns das auch empfohlen hat.
00:26:37: Also wir haben alles in Bewegung gesetzt, um irgendwo einen Weg zu finden, dass unser Sohn wieder in die Schule geht, weil er wurde immer älter und der Schulabschluss war ja auch schließlich in Gefahr.
00:26:47: Also er hatte nichts, er hatte keinen Hauptschulabschluss, keinen Realschulabschluss.
00:26:51: Und letztendlich nach wirklich langen, anstrengenden Kämpfen und immer wieder dranbleiben, dranbleiben, dranbleiben, haben wir es geschafft über das Jugendamt, dass er eine Förderschule für Hochbegabte besuchen kann.
00:27:05: Und das war wirklich nochmal ein Segen.
00:27:08: diese Schule zumindest für ein Jahr finanziert bekommen.
00:27:11: Es hat gerade gereicht, dass er seinen Realschulabschluss machen konnte.
00:27:15: Und für uns war das dann wirklich ganz wichtig und für ihn auch.
00:27:19: Und er war dort auch unter Gleichgesinnten unter anderen Hochbegabten, die auch problematisch sind, die twice exceptional sind, also Hochbegabung plus ADHS oder plus Autismus-Spektrum.
00:27:31: Da war er gut aufgefangen und fühlte sich wohl, fühlte sich gesehen und ab.
00:27:37: da ist er wirklich marschiert, kann man sagen.
00:27:40: Da hat er seine PS wieder auf die Straße gebracht.
00:27:44: Das ist ein sehr schöner Ausdruck für das.
00:27:49: Da stecken jetzt ein paar Sachen drin, die ich gerne nochmal genauer habe.
00:27:53: anschauen möchte auch, weil vielleicht nicht jeder so alle Begriffe kennt.
00:27:57: Zuerst würde mich aber interessieren, wie dein Sohn auf diese Zeit zurückblickt oder in dieser Zeit.
00:28:02: Du sagst, er war bei Gesprächen dabei, wie dein Sohn kommuniziert hat, wie es ihm geht und warum er da nicht mehr hin kann.
00:28:12: Kannst du dich da an so ein paar Sachen erinnern?
00:28:15: Ja.
00:28:17: Also unser Sohn ist eigentlich von seiner Art her ein sehr sachlicher Typ, sag ich mal, wenig emotional, wenigstens merkt man es nicht.
00:28:26: Aber er hat es immer irgendwo ausgesessen.
00:28:29: Er hat es mitgemacht, er hat es ausgesessen.
00:28:32: Und unsere Therapeutin sagte damals, es ist wie ein Wirbelsturm.
00:28:36: Er sitzt im Auge, völlig in Ruhe und gechillt.
00:28:39: Und wir bewegen uns um ihn herum und versuchen, was zu erreichen, was gut für ihn ist.
00:28:45: Und das erste Mal, wo er dann wirklich gesagt hat, da will ich hin, war das Erstgespräch mit dem Schulleiter von dieser Förderschule für Hochbegabte.
00:28:53: Mit der Auswahl von der Browning-Schule in Offenbach.
00:28:56: Und das Telefongespräch war grandios.
00:29:00: Also, der Herr Eckrich, der diese Schule geleitet hat oder gegründet hat, hat unserem Sohn gesagt, wie er sich fühlt, was er denkt, welche Probleme er hat, ohne dass unser Sohn ein Wort dazu gesagt hat.
00:29:15: Und als ich in das Gesicht von unserem Sohn geblickt habe und sein Strahlen gesehen habe und gesehen habe, wie ... Wie das alles ganz hell wurde und wie er auf einmal ganz fröhlich wurde und sogar gelacht hat, war klar, da ist jetzt was passiert.
00:29:28: Und nach dem Telefongespräch wollte er sofort seine Koffer packen und wollte da hingehen.
00:29:34: Hat aber noch eine Zeit gedauert.
00:29:35: Wir hatten dann noch einen runden Tisch mit Schulamt, Schulpsychologin, Förderschullehrer, Jugendamt, wie als Eltern unser Sohn und haben beratschlagt, wie geht es weiter.
00:29:45: Das war so in dem Prozess, bis das Jugendamt irgendwann ja gesagt hat.
00:29:49: Und da hat er auch ganz klar gesagt, ich will in diese Schule gehen.
00:29:52: Und das war ganz, ganz wichtig auch für ihn.
00:29:55: Aber ansonsten hat er eher so alles über sich ergehen lassen, geduldig.
00:29:59: Bei einer Diagnostik hat er ganz kühl gesagt, Sie sehen mich hier nie wieder.
00:30:04: Das hat er natürlich auch mal gebracht, ja.
00:30:06: Aber ansonsten hat er alles mitgemacht und wirklich geduldig und hat sich begleiten lassen.
00:30:13: Das war wirklich ein Sägen für uns.
00:30:15: Ja, das glaube ich.
00:30:17: Du hast jetzt schon gesagt, diese Doppeldiagnosen oder Kombidiagnosen aus der Hochbegabung und ADHS, Hochbegabung und Autismus, ich finde ganz spannend, dass da wirklich noch ganz wenig verbreitetes Wissen ist, dass das gleichzeitig existieren kann oder sogar, mittlerweile ist das ja erst Stand der Forschung, relativ häufig zumindest ein... eine höhere Begabung, aber eine Hochbegabung und eine der weiteren neurodivergenten Formen ist sogar deutlich häufiger, als man das überhaupt mal angenommen hat.
00:30:51: Lange Zeit hat man das eigentlich ausgeschlossen, dass das nebeneinander und gleichzeitig da sein kann.
00:30:58: Deswegen hier an dieser Stelle schon mal ganz soll der Impuls in diese Richtung.
00:31:01: Das wäre aber, glaube ich, noch mal eine eigene Podcastfolge, wo man da noch mal genauer drauf schaut, aber das ist ja mal ganz klar.
00:31:07: gesagt ist, dass es das gibt.
00:31:10: wahrscheinlich deutlich häufiger als das viele Jahre im Blick war.
00:31:14: Du hast aber ein Wort gesagt, das ich gerne näher bringen möchte, denn das ist ganz wichtig und ich, jeder kennt es, glaube ich, das ist Wort Under Achievement.
00:31:22: Und das knüpft so ein bisschen eigentlich jetzt an euren weiteren Weg an.
00:31:25: Du hast gesagt, er war auf einer Förderschule für Hochbegabung.
00:31:29: Und das klingt ja auch wie etwas, das sich irgendwie gegenseitig beißt.
00:31:34: Förderschule und Hochbegabung.
00:31:36: Was muss denn da gefördert werden?
00:31:38: Und fangen wir mal an beim Under Achievement.
00:31:42: Was bedeutet Under Achievement?
00:31:44: Gerade im Kontext Hochbegabung.
00:31:46: Also Under Achievement wird ja gerne übersetzt mit Minderleistung.
00:31:50: Ich setze es gerne oder klammere es gerne in den schulischen Kontext ein.
00:31:55: Das heißt, diese Minderleistung erfolgt meistens in der Schule.
00:31:59: Das bedeutet eigentlich, wenn wenn das Potenzial des Kindes mehr Leistung vermuten lässt, als es eigentlich erbringt.
00:32:07: Das heißt, da besteht eine Diskrepanz und diese kann immer weiter auseinanderweichen.
00:32:12: Das kann man auch in einer Begabungsdiagnostik testen durch den Allgemeinfähigkeitsindex und den kognitiven Leistungsindex.
00:32:19: Das ist ein ganz guter Hinweis darauf.
00:32:21: Und ich denke, es gibt noch eine schönere Definition.
00:32:25: Die habe ich von Felix Patorima gelesen, nämlich die Resignation des Genies.
00:32:30: also resignieren.
00:32:31: Ich glaube, das ist das, was die Kinder in der Schule tun, wenn sie in ein Under-Achievement geraten.
00:32:36: Ein Under-Achievement ist aus meiner Sicht, wie gesagt, eher schulisch geprägt.
00:32:40: In ihrer Freizeit verhalten sich die Kinder teilweise ganz anders blühen auf, gehen ihren Interessen und ihre Neigungen nach, haben diese schnelle Auffassungsgabe, ständig neue Themen, die sie interessieren.
00:32:53: Sie fühlen sich einfach ausgebremst in der Schule und wie gesagt, dadurch rutschen sie da rein in dieses Under-Achievement.
00:33:00: Ja, das geht einher mit dem Mythos, für den ich mich ja auch sehr einsetze, dass der nun endlich mal gehen darf, nämlich bei den Noten kann es ja keine Hochbegabung sein.
00:33:08: Das ist so ein ganz klassisches Ding und habe ich höchstpersönlich mehrfach gehört.
00:33:14: Also Noten sagen, glaube ich, bei allen Kindern nicht unbedingt super viel aus, zumindest nicht das aus, was sie glauben aus zu sagen, aber in dem Kontext zu sagen, okay, die Noten sind jetzt nicht so berauschen.
00:33:26: Das kann keine Hochbegabung sein, weil hochbegabte Kinder, da sind wir wieder, sind doch irgendwie so Wunderkinder und haben mit elf ihr Abitur.
00:33:32: Nein, das sind die ganz, ganz großen Ausnahmen.
00:33:34: Bei den meisten sieht das deutlich anders aus.
00:33:37: Und es ist ganz wichtig, dann vor diesem Weg nicht, also als Lehrkraft auch nicht, die Augen zu verschließen, nur weil da vielleicht nicht die Noten da sind, die man aufgrund irgendwelcher medialen Darstellungen erwarten würde.
00:33:50: Jetzt wart ihr auf dieser Förderschule.
00:33:52: Was wurde da gefördert?
00:33:55: Das ist eine gute Frage.
00:33:56: Wir haben davon eigentlich nicht ganz so viel mitbekommen.
00:33:59: Die Lehrkraft hat nur erzählt, dass er sofort angekommen war, dass er sofort in der Klassengemeinschaft integriert wäre, als ob er schon immer da gewesen ist.
00:34:07: Was für mich auch ein Zeichen dafür ist, dass er sich unter Gleichgesinnten entfalten konnte und sich endlich normal fühlen durfte.
00:34:15: Vor allem gab es dort kleine Klassen.
00:34:18: Also die Klassen waren nur mit acht bis zehn Kindern groß oder Schüler,
00:34:22: Schülerinnen und Schüler.
00:34:23: Ja, wirklich.
00:34:24: Absolut.
00:34:26: Aber ich glaube, eine Herausforderung, trotzdem für Lehrkräfte, wenn man möglich acht bis zehn hochbegabte Kinder vor sich setzen hat, ist bestimmt nicht so einfach, die dann noch ihr ADHS oder ihre Autismuspektrumstörung oder sonst irgendwas mitbringen.
00:34:38: Also das ist sicher eine Herausforderung.
00:34:40: Und ich denke, hier geht es eher auch um die sozialemotionale Entwicklung, dass die irgendwo gefördert werden kann, auch in diesen Schulteams.
00:34:49: Aber wie gesagt, wir haben jetzt nicht allzu viel davon mitbekommen.
00:34:52: Ich gehe aber davon aus, dass sich diese Schule mehr auf die Bedürfnisse von Hochbegabten einstellt, dass einfach diese schnellere Auffassungsgabe, dieses Wiederholen und Üben weniger gemacht wird, dass vielleicht ein breiteres Unterrichtsspektrum auch stattfinden kann, dass jeder nach seinen eigenen Bedürfnissen auch arbeiten kann.
00:35:13: Also solche Dinge sind da sicher in der Umsetzung.
00:35:16: Da hast du jetzt schon eine super Verbindung geschaffen zu dem klassischen Schulsystem, zu dem Regelschulsystem, in das ja viele hochbegabte Kinder erst mal eingeschult werden und dort eben auch ihren weiteren Verlauf nehmen, mal mehr, mal weniger erfolgreich, wenn man im klassischen Erfolgssinn denken möchte.
00:35:37: Und du hast ja schon so ein, zwei Dinge genannt, die eine Rolle dabei spielen können, dass ein Kind dort eben hochbegabt scheitert oder zumindest ordentlich strauchelt.
00:35:50: Das ist sowas angesprochen wie Übung und Wiederholung.
00:35:54: Warum braucht ein hochbegabtes Kind das in dem Maße nicht?
00:35:59: Auf der einen Seite ist es, denke ich, die schnelle Auffassungsgabe, dass die sehr schnell in der Lage sind, komplexe Zusammenhänge zu erfassen.
00:36:07: Und dann auch die Lust daran verlieren, dieses zu wiederholen, sondern durch ihre Neugier, die sie auch haben und durch ihren Drang, Neues zu entdecken, zum nächsten Thema springen möchten.
00:36:18: Typische Situation in der Grundschule, Hausaufgabensituation, der Buchstabe A. Es soll über zwei Seiten geübt werden und geschrieben werden und unser Sohn sagte nach einer Zeile, okay, kann ich, wo ist der nächste Buchstabe?
00:36:31: Und dann wirklich das ganze Alphabet so durchzumachen oder zu warten und ausgebremst zu werden, ist, denke ich, ein wichtiger Faktor, warum es dann eben schwierig wird.
00:36:41: Auf der anderen Seite vielleicht auch der Perfektionismus, den viel hoch begabte Kinder mitbringen, dass sie nicht in der Lage sind, irgendwas aus Papier zu bringen, weil sie ... Bedenken haben, ich kann es nicht so machen, wie ich es im Kopf habe.
00:36:54: Also wenn es zum Beispiel ein Bild malen soll von einem Auto, dann haben sie ein Bild im Kopf und wissen, ich kann das so nicht zeichnen.
00:37:00: Das schaffe ich einfach nicht und dann machen sie lieber gar nichts.
00:37:03: Also das ist auch so was, was in Frage kommt.
00:37:07: Und dann natürlich die einfachen Aufgaben.
00:37:11: Also viele Kinder, viele hochbegabte Kinder, durch ihre schnelle Aufwachsungsgabe, können die einfachen Dinge schnell lösen oder sagen auch, okay, ich will es gar nicht lösen, weil es ist mir zu einfach, gibt man ihnen aber was schwierigeres, dann lügen sie auf und können das viel, viel besser lösen.
00:37:30: Also auch diesen Mut zu haben, gibt den Kindern was schwierigeres, sie müssen nicht die einfachen Sachen machen oder üben und wiederholen, sondern sie sind mit schwierigeren Aufgaben besser aufgehoben.
00:37:44: Ja, auch da dieses Vertrauen zu haben, wenn ein Kind ... Aufgaben auf einem komplexen Niveau lösen können, können wir davon ausgehen, dass die dafür notwendigen Kompetenzen da sind.
00:37:55: Sonst wäre diese Lösung auch diesem Level kaum möglich.
00:37:59: Vielleicht mal mit einem Zufallstreffer, aber wenn man das häufiger macht und es klappt jedes Mal und jedes Mal ist dem Kind möglich auf diesem Level zu arbeiten, dann können wir davon ausgehen, dass da Fähigkeiten, Wissen und Kompetenzen da sind, die das erfordern.
00:38:13: Und genau das wollen wir in Schule schaffen.
00:38:15: Und das muss nicht immer durch uns erfolgen.
00:38:17: Wenn ein Kind das mitbringt oder einfach sehr, sehr, sehr schnell versteht, dann müssen wir nicht, um irgendwelche Kreuzchen machen zu können oder das in den Stundenplan schreiben zu können, an diesem gleichen Weg für alle festhalten.
00:38:29: Ich werde in den Shownuts einen Account verlinken, der so ein bisschen zeigt, zumindest schon mal in jüngeren Grundschuljahren, wie man sich da aufmachen kann, deutlich individueller zu arbeiten und sich auch zu trauen.
00:38:40: Genau was du jetzt beschrieben hast zu sagen, okay, dieser Buchstabe sitzt, der laut dazu sitzt.
00:38:45: Ich überprüfe das vielleicht einmal ganz kurz und wenn das passt, zack, das nächste.
00:38:49: Und das ist nicht nur einfach nettes Angebot für hochbegabte Kinder.
00:38:54: Wir sehen jetzt bei dem Weg deines Sohnes, was im Laufe der Zeit da dranhängen kann, wenn wirklich über einen langen Zeitraum nicht diese passende Begleitung erfolgt.
00:39:04: Das ist nicht nur, ach, nice to help, wenn hier so ein bisschen individualisiert wird, sondern das entscheidet ganze Lern- und Schulwege, Lebenswege.
00:39:13: Das finde ich ganz, ganz wichtig hier zu begreifen.
00:39:17: Was würdest du dir wünschen, was Lehrkräfte so mindestens mal über Hochbegabung in der Schule wissen?
00:39:25: Also ich finde es schon mal super, wenn Lehrkräfte überhaupt offen für das Thema sind und sich damit beschäftigen.
00:39:30: Denn ich glaube, gerade in diesem Bereich herrschen ganz viele Vorurteile und Glaubenssätze und Mythen über Hochbegabungen.
00:39:38: Wie du schon sagst, dass Hochbegabte sind immer Hochleister und die kommen leicht durchs Leben, haben die Probleme.
00:39:44: Das sind alles Dinge, die erst mal von Tisch können.
00:39:47: Und wirklich mal zu schauen, was sind denn die Eigenschaften von Hochbegabung?
00:39:51: Eben Perfektionismus, schnelle Auffassungsgabe.
00:39:54: den Hang nicht wieder zu wir holen und zu üben, die Neugier, ein ganz tiefes und anderes Denken auch und die Kreativität, die sie mitbringen.
00:40:04: Und das genau diese Punkte auch dafür sorgen, dass sie eben die Schulprobleme entwickeln.
00:40:09: Und wie kann ich dort ansetzen und kann das Kind an die Hand nehmen, sodass es ... andere Wege gehen darf.
00:40:17: Also auch die Offenheit und den Mut, dem hochbegabten Kind andere Dinge zu geben, außer Mandalas ausmalen oder ein Enrichment in Form von, dann machen noch ein paar zusätzliche Aufgaben, sondern wirklich auch an Expertenwissen zum Beispiel anzuknüpfen und zu sagen, okay, du kennst dich super mit Dinosauriern aus, dann mach doch mal einen Referat und mach mal so eine kleine Ausarbeitung, wir können das zusammen machen oder du machst es zu Hause, bis hin zu einer eigenen AG zu so einem Thema gemeinsam mit einem Erwachsenen.
00:40:45: Personen.
00:40:45: Also da gibt es ja ganz viele Möglichkeiten, da reinzugehen, aber erst mal diese Offenheit zu haben, sich mit dem Thema überhaupt beschäftigen zu wollen und da einzusteigen.
00:40:55: Ich denke, das ist was ganz Wichtiges und Grundlegendes.
00:41:01: Ich finde, das, was du jetzt gesagt hast, ist auch noch mal wichtig, weil ich natürlich von Kollegen in den Ganzen auf Türe, ja, oh Gott, was soll ich noch machen?
00:41:08: Und da ist ja auch ein Teil Wahrheit drin.
00:41:10: Das Schulsystem stellt uns nicht viel Ressourcen zur Verfügung.
00:41:14: Lehrkräfte sind vielerorts am Limit und alles, was quasi in Anführungsstrichen zusätzlich obendrauf kommt, wirkt erst mal nach einem unüberwindbaren Berg, den man da irgendwie besteigen muss als Lehrkraft.
00:41:27: Und dafür habe ich Verständnis.
00:41:29: Aber das, was du sagst, ist ganz wichtig.
00:41:31: Erst mal diese offene Begegnung dafür und dem Kind auch zu signalisieren.
00:41:35: Hey, ich interessiere mich für dich.
00:41:38: Mir ist wichtig, dass es dir hier gut geht und ich schau mal, was ich in meinen Möglichkeiten machen kann.
00:41:44: Das ist schon ein deutlicher Teil der Miete.
00:41:47: Ich weiß nicht, ob es die halbe ist, aber zumindest ganz, ganz, ganz wichtig.
00:41:51: Und dann erste kleine Schritte.
00:41:54: noch nicht schaffe, mich vom Arbeitsheft zu lösen, weil ich denke, oh, ich traue mich doch noch nicht so ganz.
00:41:59: Dann wirklich mal den Mut aufbringen und zu sagen, also wir haben zum Beispiel so ein ganz klassisches Mathe-Heft und dann gibt es einfach so diese Pflichtaufgaben und dann gibt es mal so so ganz vertiefte, die heißen Nussaufgaben, wir haben auch so ein Zeichen daran, wenigstens mal diese Zugeständnis zu machen, komm, lass da oben, kannst du, das weiß ich, lass es weg, Knobelmann oder untenrum.
00:42:17: Das ist was Glitzekleines und das... hat nur damit zu tun, dass wir quasi kurz mal über unsere Hürde gehen und sagen, okay, ich gestehe dir zu, mal durch nur diesen Aufgaben zuzuwenden.
00:42:27: Das ist was, was wir auch in dieses ganz klassische System einbringen können oder eben einen Referat zur Verfügung stellen, weil ich noch nicht schaffe, meinen gesamten Unterricht da irgendwie umzustellen.
00:42:37: Das sind eben ganz, ganz tolle Möglichkeiten in diese Richtung, da den Kindern schon so zu begegnen, wie sie es sicherlich verdient haben.
00:42:46: Jetzt hast du eben auch noch mal ganz viele Mythen angesprochen, wenn du von heute auf morgen so einen Mythos wegzaubern könntest und wirst es, der ist jetzt weg und alle Menschen hier wissen, dass das eben so und so und so ist.
00:43:00: Welcher Mythos darf ganz unbedingt weg?
00:43:03: Unbedingt, der Mythos hochbegabte sind Hochleiste und kommen leicht durch die Schule.
00:43:08: Das ist für mich der wichtigste Mythos.
00:43:10: Absolut.
00:43:11: Ja.
00:43:12: Definitiv, das ist ein Hinschauen.
00:43:14: Es ist sofort ein anderes Hinschauen.
00:43:16: Wenn das nicht sofort ein.
00:43:17: Ach, na ja, kann ja gar nicht sein.
00:43:18: Nee, ist gerade noch eingefallen bei den leichten Aufgaben, weil das ganz oft etwas ist, was mir zurückgemeldet wird.
00:43:25: Deswegen möchte ich das noch unterbringen.
00:43:26: Du sagst ja, manche widmen sich diesen leichten Aufgaben überhaupt nicht, fangen an zu verweigern.
00:43:32: Das ist eine Sache, die beobachte ich auch sehr oft.
00:43:34: Und die andere Sache ist, dass diese Kinder diese leichten Aufgaben nehmen und dann Fehler machen.
00:43:42: Und dann kriege ich ganz oft die Rückmeldung, ja, ich wusste es ja, schau, die Grundlagen sind nicht da.
00:43:48: Und da möchte ich unbedingt... diesen nicht ganz so richtig, nicht diese ganz so passende Beobachtung einmal in die richtige Bahn lenken.
00:43:57: Viele hochbegabte Kinder können sich nicht vorstellen, dass diese Aufgaben tatsächlich so leicht daherkommen.
00:44:05: Und das ist etwas, das mich in meiner eigenen Schulzeit geprägt hat.
00:44:08: Ich bin durch verschiedenste Prüfungen gerasselt, weil ich an den leichtesten Fragen gescheitert bin, weil ich dachte, Nee, da muss irgendein Kniff, das muss um zwanzig Ecken gefragt sein.
00:44:20: Das kann ja nicht einfach nur diese eine Frage, das kann doch nicht nur eins bis eins sein, also wirklich nicht.
00:44:26: Wo ist der Kniff?
00:44:27: Und dann habe ich da irgendwie Konstrukte drumherum gebaut und ganz krass um die Ecke gedachte Antworten zu Papier gebracht, die aber einfach erstmal in dem Weg schlichtweg falsch waren.
00:44:39: Weil ich mir das nicht vorstellen konnte und da ermuntere ich auch Eltern, die dann schnell darauf reinfallen, aber vor allen Dingen Lehrkräfte dazu, guckt euch dann mal die Aufgaben an, die eben komplexer sind.
00:44:50: Und wenn das häufig auftaucht, dass diese ganz einfachen Aufgaben, bei denen man denkt, ja gut, das müsste doch jetzt einig abgehakt sein, wenn da Fehler auftauchen, während hochkomplexe Aufgaben relativ souverän gelöst werden.
00:45:03: dann sollte ich hellhörig werden.
00:45:05: Weil dann kann ich davon ausgehen, dass da ein Kind mit hohen kognitiven Fähigkeiten sitzt, dass vielleicht vor diesen Aufgaben saß und dachte, nee, also, das kann es doch nicht sein.
00:45:16: Das meint die doch jetzt nicht so.
00:45:18: Da steckt doch irgendwo eine Falle, die finde ich noch.
00:45:21: Genau.
00:45:22: Genau, es gibt ja diese typische Aufgabe in der Grundschule zum Beispiel.
00:45:25: Also auch diese Missverständnisse.
00:45:28: Da stehen vier Bilder, drei Tiere und eine Tulpe.
00:45:32: Und das Kind soll wegstreichen, was nicht reinpasst.
00:45:34: Ja.
00:45:35: Und das Kind steht, das Hubbegabte Kind steht davor und sagt, ich kann nichts wegstreichen, das sind alles Lebewesen.
00:45:43: Also diese, diese, diese uneindeutigen Formulierungen zum Beispiel in Aufgabenstellungen.
00:45:48: Also ich erkenne mich sehr wider.
00:45:50: Ich bin auch jemand, ich denke um tausend Ecken.
00:45:53: Eigentlich einfache, logische Zusammenhänge für mich komplett unlogisch werden.
00:45:57: Und das struggle ich auch selbst, aber auch an unseren Kindern.
00:46:01: Und freue dich jetzt schon auf die Führerscheinprüfung.
00:46:03: Das wird nochmal ein ganz besonderer Spaß.
00:46:06: Es ist so witzig.
00:46:07: Ich musste nämlich daran gerade denken, als ich gesagt habe, ich bin durch diverse Prüfungen gerastelt, unter anderem durch die theoretische Führerscheinprüfung.
00:46:15: Und das haben wir uns heute schaffen, obwohl ich sehr dafür geübt habe.
00:46:19: Aber das habe ich geschafft, da durfte ich noch mal anstehen.
00:46:23: Ich bin also ein bisschen aus eigener Erfahrung gewappnet, hoffe ich.
00:46:27: Mal gucken mal, wie es dann wirklich aussieht.
00:46:30: Ich drücke die Daumen.
00:46:30: Ja, danke.
00:46:33: Am Ende des Podcasts, wir haben jetzt viel über Herausforderungen gesprochen, haben aber auch darüber gesprochen, wie wir diesen Kindern gut begegnen und was sie für Fähigkeiten mitbringen.
00:46:43: Genau damit möchte ich jetzt einfach für den positiven Ausblick auch enden.
00:46:47: Wir schauen auf das Gold, das da im Kopf ist.
00:46:51: Wie würdest du folgenden Satz beenden?
00:46:53: Die besondere Stärke hochbegabter Kinder liegt vor allem in
00:46:58: der Kreativität, in ungewöhnlichen Lösungsvorschlägen, die sie bieten.
00:47:05: Dem ist nichts hinzuzufügen.
00:47:07: Wir dürfen, glaube ich, über unsere richtig und falsche engen Parameter in Schule ganz doll nachdenken und da viel mehr Raum für sowas geben.
00:47:15: Susanne, ich danke dir für dieses sehr persönliche Gespräch und auch auf klärendes Gespräch.
00:47:22: Dein
00:47:22: Buch, dein Insta-Kanal und dein weiteres Angebot.
00:47:24: auf der Webseite werde ich alles in den Shownotes verlinken.
00:47:27: Auch nochmal ein paar Anlaufstellen für alle, die sich weiter informieren wollen.
00:47:31: Du hattest zum Beispiel die Karkstiftung genannt, die werde ich dort verlinken.
00:47:34: Da kann man sich zu diesen spannenden, wie komplexen, wie herausordenden Thema sehr, sehr gut informieren.
00:47:40: Schaut dort also gerne vorbei.
00:47:42: Und wir hören uns wieder in der nächsten Woche mit einer Ausgabe von Gold to Go.
00:47:46: Ich freue mich drauf.
00:47:46: Bis dahin.
00:47:48: Und zu guter Letzt natürlich noch ein herzliches Dankeschön an Jakob Jens und Voice-Up Productions für die Bearbeitung und die Produktion dieser Folge.
00:47:59: Ein Kopf voll Gold, was Neurodivagente Kinder brauchen und wie wir sie stärken können.
00:48:07: Ein Kopf voll Gold!
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