37. Perfektionismus - Warum Beschwichtigen das Ziel verfehlt

Shownotes

„Ach, du schaffst das schon. Ist doch nicht so schlimm. Du kannst das sowieso. Du bist doch so schlau.“ Lieb gemeinte Sätze, die Kinder, vor allem jene, die dazu neigen, sich stark unter Druck zu setzen, unterstützen sollen. Ob solche Ermunterungen wirklich förderlich sind, darüber spreche ich heute mit der Autorin und Psychologin Stefanie Rietzler. Destruktiver Perfektionismus stellt Kinder wie Eltern wie Pädagog*innen vor große Herausforderung, weil die oft tief sitzenden Muster dahinter wirklich schwer zu durchbrechen sind. Wie wir da gemeinsame Entwicklung anstoßen können, das soll in dieser Folge beleuchtet werden. Mit konkreten Bildern und vielen hilfreichen Impulsen.

Hier findet ihr mehr über Stefanies Arbeit:

Stefanies und Fabians neuestes Kinderbuch:

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📚Wilma Wolkenkopf

📚 Wilma Wolkenkopf auf großer Fahrt

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📚 Ein Kopf voll Gold

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00:00:01: Ach, du schaffst das schon.

00:00:03: Ist doch halb so wild.

00:00:04: Du kannst das doch sowieso.

00:00:05: Du bist doch so schlau.

00:00:07: Liebgemeinte

00:00:08: Sätze, die Kinder vor allem jene, die dazu neigen, sich stark unter Druck zu setzen, unterstützen sollen.

00:00:15: Sie tauchen auch in dem neuesten Kinderbuch, du schaffst das Merle, von Stefanie Rietzler und Fabian Grolemund auf.

00:00:22: Mehr noch, sie haben es sogar in den Titel geschafft.

00:00:25: Ob solche Ermunterungen wirklich förderlich sind, darüber spreche ich heute mit der Autorin und Psychologin Stefanie Ritzler.

00:00:32: Ich freue mich sehr auf das Gespräch, denn Stefanie klärt schon ganz lange gemeinsam mit Fabian sehr fachlich fundiert über verschiedenste Themen so rund um Neurodivergenz auf und vor allem gelingendes kindliches Lernen.

00:00:45: steht bei ihrem Informationsangebot im Vordergrund und ich bin seit Jahren großer großer Fan der gegründeten Akademie für Lerncoaching und ihrer Webseite mit Kindern lernen.

00:00:57: Wer mir schon länger folgt, hat vielleicht auch immer mal wieder gesehen, dass ich da etwas empfehle.

00:01:02: Heute konzentrieren wir uns auf ein Phänomen, das viele Eltern vor sehr große Unsicherheiten stellt, Kinder extrem fordert und das So ist zumindest meine Beobachtung viel zu wenig Beachtung im Schulsetting findet.

00:01:17: Und das ist das Thema Perfektionismus.

00:01:21: Ein Kopf voll Gold.

00:01:23: Was Neurodivagente

00:01:24: Kinder brauchen und wie wir sie stärken

00:01:28: können.

00:01:29: Ein Kopf voll Gold.

00:01:32: Liebe Stefanie, du schaffst das schon oder du hast doch auch sonst immer gute Noten.

00:01:38: Das sind doch eigentlich unterstützende Sätze, oder nicht?

00:01:42: Diese Sätze sind gut gemeint, also man möchte ein unsicheres Kind, das wenig an sich glaubt, den Eindruck hat, ich schaff das nicht, ich bin sowieso zu blöd, um diese oder jene Prüfung bestehen zu können.

00:01:56: Und insbesondere bei Kindern, die zu Perfektionismus neigen, geht diese gut gemeinte Ermunterung häufig nach hinten los, denn sie hören etwas anderes heraus, als das, was intendiert ist.

00:02:10: Also wenn ich einen perfektionistischen Kind zum Beispiel sage, du schaffst das schon, du hast ja bisher auch immer alles geschafft, dann geht häufig bei diesen Kindern ein Alarmlämpchen im Kopf an und sie fragen sich, na ja, aber was ist, wenn es diesmal eben nicht gelingt?

00:02:25: Was ist, wenn ich es nicht schaffe?

00:02:27: Und dann galoppieren die Gedanken weit vor, dass sie den Eindruck haben, wenn ich es nicht schaffe, dann werden alle enttäuscht von mir sein.

00:02:34: Denn meine Eltern können sich gar nicht vorstellen, dass ich auch mal schlecht bin.

00:02:39: Wenn die immer sagen, du schaffst das schon, du hast dir bisher mal alles geschafft.

00:02:43: Und auf der anderen Seite kommen sie sich häufig vor wie ein Totalversager oder eine absolute Versagerin, wenn sie eben mal nicht die Bestleistung erreichen.

00:02:53: Auch solche Sätze wie, ach komm, nehmt ihr das nicht so zu Herzen, das ist doch nur eine Note.

00:02:59: Fühlen sich für perfektionistische Kinder eine wirkliche Lüge an.

00:03:03: Denn für sie ist es eben nicht nur eine Note, also keine Momentaufnahme an einem Tag von einer ex-beliebigen Leistung, sondern für sie ist eine Note viel mehr.

00:03:14: Sie sehen das viel mehr als fast schon Spiegel ihrer Selbstwärts.

00:03:18: Also sie sind der Meinung, nur wenn ich gut bin und fehlerfreie Leistungen erbringe, dann bin ich auch liebenswert und dann werden andere Menschen mich akzeptieren können.

00:03:30: Und ich muss eigentlich immer darum kämpfen, anerkannt zu werden oder meinen Status nicht zu verlieren.

00:03:37: Und daher kommt diese Angst, dieser Druck.

00:03:40: der auf ihnen liegt.

00:03:41: Und daher kommt auch dieses Unvermögen, das anzunehmen, wenn man so frontal mit irgendwelchen positiven Affirmationen ja versuchen möchte, ihnen mehr Selbstvertrauen einzuimpfen.

00:03:53: Ich finde, man hört da schon raus, dass da definitiv auch ein Konfliktpotenzial steckt.

00:04:00: Denn die Außenwahrnehmung ist ja eine ganz andere in diesem Fall als die Wahrnehmung der Kinder selber.

00:04:06: Und ich kenne aus meiner eigenen Schulerfahrung, dann aus meiner Erfahrung als Lehrkraft, dass diese Konflikte ... wirklich tief greifen können, wenn ein Kind immer sagt, ich schaffe das sowieso nicht und danach ist dann aber da wieder die Eins auf dem Papier.

00:04:20: Das ist auch für andere Kinder, den Feld ist immer schwerer ernst zu nehmen, wenn dieses Kind dann da sitzt und sagt, ich habe wieder Angst vor der Prüfung, ich habe Angst vor dem Test, ich schaffe das doch bestimmt sowieso nicht.

00:04:30: Danach kommt dann wieder eine gute Note und irgendwann, ich merke richtig, dass das eine Belastung für Freundschaften sein kann, weil man sagt aber... Hey, warum hast du denn dann so Angst?

00:04:42: Da siehst du das doch, ne?

00:04:43: Also das ist wirklich wichtig, dass man da gut Bescheid weiß, worum geht es ja eigentlich und was kann viel, viel besser unterstützen, aber wollen wir heute ein bisschen sprechen, bevor wir das tun.

00:04:56: würde ich gerne ein paar Schritte zurückgehen.

00:04:59: Und ja, am Anfang starten Perfektionismus oder auch dieser daraus entstehende Druck, das ist ja keine offizielle Diagnose.

00:05:07: Also ich kann nicht irgendwo hingehen und so ein Katalog abarbeiten, dann bekomme ich den Hinweis oder einfach das Endresultat, ihr Kind ist perfektionistisch.

00:05:18: Das heißt, ich muss das selbst beobachten, ein bisschen im Blick haben und in diese Richtung überlegen.

00:05:24: Was können denn So Merkmale bei Kindern sein, bei denen Eltern oder auch Lehrkräfte hellhörig werden sollten.

00:05:32: Ja.

00:05:33: Da gibt es verschiedene.

00:05:34: Also das eine, was augenscheinlich praktisch ist, sind diese hohen Ansprüche, also dass die Kinder einen Eindruck haben, nur die Bestnote ist gut genug.

00:05:43: Ich muss immer die perfekte Leistung erbringen.

00:05:46: Ich kann mir keine Fehler erlauben und dass dort dann auch eine hohe, ja emotionale Betroffenheit mitkommt, wenn sie das nicht schaffen.

00:05:55: Also dann wird noch oft aus Wut.

00:05:58: Antworten auf den Arbeitsblättern ausradiert oder durchgestrichen oder das Bild zerrissen, wenn das eben nicht den Ansprüchen genüge tut, die sie sich selber auferlegt haben.

00:06:09: Dann haben diese Kinder in der Regel einen riesengroßen Druck, ja, keine Fehler machen zu dürfen.

00:06:18: Und wenn Ihnen auch nur ein einziger Fehler unterläuft, dann werden Sie sich schnell absagen.

00:06:22: Ich bin sowieso zu blöd.

00:06:24: Ich kann das eh nicht.

00:06:26: Das ist alles Müll, was ich dort geschrieben habe.

00:06:29: Und da kann man als Erwachsener von außen häufig, ja, wenn man sich da nicht mit verbinden kann, nur den Kopf schütteln und denken, was ist denn da los?

00:06:38: Oder die Not ist vielleicht jetzt trotzdem sehr gut.

00:06:40: Das Kind hat im Diktat ein, zwei Fehler gemacht.

00:06:43: Man möchte ihm zu rufen.

00:06:44: Das ist doch toll, freu dich doch endlich.

00:06:47: Aber das Kind verbeißt sich so an diesen ein, zwei Fehlern, dass es sich überhaupt nicht über diese positive Rückmeldung eigentlich freuen kann.

00:06:58: Auch wenn sie Feedback bekommen von außen, beispielsweise von Sporttrainerinnen oder auch von Lehrkräften, so vielleicht einem Referat, das sie in der Schule gehalten haben.

00:07:10: Es sind dreißig Punkte darunter, die gut waren und zwei, die man in Zukunft noch optimieren könnte.

00:07:17: Dann hören Sie nur das Negative und kommen zum Beispiel nach Hause und sagen, das war richtig schlecht.

00:07:22: Meine Lehrerin fand es total blöd, was ich dort gemacht habe.

00:07:26: Und man hat den Eindruck, das Kind hat einen ganz anderen Gespräch beigewohnt, als man selber praktisch.

00:07:33: Dann gibt es den anderen Bereich.

00:07:36: Man nennt das in der Psychologie das Diskrepanz erleben.

00:07:40: Also, dass Sie permanent einen Abgleich vornehmen zwischen wie bin ich, wo stehe ich im Moment leistungsmäßig und wo sollte ich eigentlich hin und sich permanent unzulänglich fühlen, weil Sie einen Eindruck haben, ich bin eigentlich nicht so gut wie ich sein sollte oder auch im Nachhinein dann sehr oft darüber nachdenken.

00:08:01: Wie habe ich auf diese Frage von meiner Lehrkraft einem Unterricht geantwortet?

00:08:06: War das vielleicht dumm, das so zu formulieren?

00:08:09: Hätte ich das anders machen sollen?

00:08:12: Oder beispielsweise auch bei einem Vorspiel vor Weihnachten in der Musikschule, wenn sie sich bei einer Note ein bisschen verspielt haben.

00:08:20: Und das hat niemand gehört, dass sie ihm nachhinein denken.

00:08:23: Aber das hätte mir nicht passieren dürfen.

00:08:25: Wie konnte ich nur so blöd sein?

00:08:27: Immer ich, oder?

00:08:29: Dass sie da sehr schnell eben auch wieder... diese Selbstabwertungsspirale hineinkommen.

00:08:35: Sie haben erstaunlicherweise trotz oft vieler, vieler Erfolge ein sehr geringes Selbstvertrauen, eine geringe Selbstwirksamkeit.

00:08:44: Für sie, du hast es angesprochen, fühlt es sich jedes Mal wieder an, als müssten sie sich neu unter Beweis stellen.

00:08:50: Also diese Erfolge, die sickern gar nicht ins Selbstvertrauen ein, sondern sie haben wieder jedes Mal das Gefühl, was ist, wenn es schief geht.

00:08:59: Ich bin nicht schlau genug, ich bin nicht talentiert genug.

00:09:02: Die anderen sind immer viel besser und viel schneller als ich.

00:09:06: Andere sind viel schlauer als ich, die bekommen das bestimmt besser hin.

00:09:10: Also dieses starke Empfinden von Schwäche, von Unzulänglichkeit, von eigener Dummheit, was immer wieder darauf beschworen wird, wenn es irgendwie um Leistung oder auch darum geht, sich selbst zu zeigen.

00:09:26: Und dann haben wir diesen Bereich von Bedingten selbst wert.

00:09:30: Also dass sie den Eindruck haben, ich bin nur dann liebenswert und akzeptierbar und gut, eben wenn ich Bestleistung erbringe, sonst werden die anderen sich von mehr Abwänden enttäuscht sein, mich vielleicht auslachen.

00:09:45: Also dauernd den Eindruck sagen, ich muss so kämpfen um die Zuwendung von anderen Menschen und damit verbunden eben auch auf die Schwierigkeit, sich pausen zu gönnen.

00:09:56: Also einen Eindruck zu haben, ich bin nur dann wertvoll, wenn ich performe sozusagen.

00:10:01: Ich kann mir jetzt keine Pause leisten und das sind oft Kinder, die dann auch für kleine Tests in der Schule stundenlang lernen, auch in die Erschöpfung hinein lernen, nicht mehr spüren, wann es Zeit wäre, eben auch mal sich rauszuziehen und zu sagen, jetzt treffe ich mich mit Freundinnen, jetzt mache ich was Schönes für mich.

00:10:22: Und dann gibt es oft zwei Wege, damit umzugehen.

00:10:25: Es gibt die Kinder, die gehen dann eben in dieses sich wirklich aufreiben in der Leistung, also lernen, lernen, lernen, arbeiten, arbeiten, arbeiten ohne Pause.

00:10:34: Und dann gibt es Kinder, die gehen eher in die Vermeidung.

00:10:37: Also, dass sie sagen, wenn ich mir nicht hundertprozentig sicher bin, dass ich das auf Anhieb kann, dann probiere ich es lieber erst gar nicht.

00:10:45: Und die stehen dann zum Beispiel am Rand und tanzen die Choreografie im Tanzunterricht nicht mit oder erst dann, wenn sie sich hundertprozentig sicher sind, dass da kein Fehler passieren wird.

00:10:56: Was ich daraus höre, ist ein ganz deutliches Unvermögen, die eigenen Leistungen.

00:11:04: mit den eigenen Fähigkeiten in Bezug zu bringen.

00:11:07: Also diese Idee von, ich bin dem, was mir an Feedback entgegenkommt, sei das von den Eltern, von Lehrkräften, Durchnoten, Durch-Applaus, wie auch immer, je nach Setting.

00:11:17: Ich kann das gar nicht darauf beziehen, dass das etwas damit zu tun hat, dass ich mich ja wirklich auch sehr angestringt habe oder dafür gelernt habe oder an bestimmten Stellen auch ja gewisse Fähigkeiten einfach mitbringe durch meinen Charakter oder, also sie können das, wenn ich das richtig raus hier überhaupt nicht in Verbindung bringen.

00:11:36: Und das ist ja eine unglaublich unfaire Spirale, weil dann völlig klar ist, warum sie das nächste Mal vor so einer Situation wieder dastehen und sich komplett ohnmächtig fühlen, riesige Angst haben, weil sie eben gar nicht das Gefühl haben, dass was ich hier mitbringe, das hilft mir durch diese Situation.

00:11:54: Oder das ist der Grund, warum ich an vielen Stellen eigentlich sehr, sehr gute Leistungen habe oder zufriedenständig wie auch immer.

00:12:01: Genau,

00:12:02: das dort ein ganz wichtiges Muster schon beleuchtet.

00:12:05: Nämlich, wie erklären sich perfektionistische Kinder Erfolg und Misserfolg.

00:12:10: Und da zeigt sich wirklich eine ganz gemeine Tendenz.

00:12:13: Nämlich, wenn sie Erfolge erzielen, dann sagen sie, das hat etwas mit dem Außen zu tun.

00:12:20: Also dann hört man Sprüche wie, ja, das war halt Glück oder ja, die Lehrerin hat's nett mit mir gemeint oder ... Ja, ich habe zufällig einen guten Tag.

00:12:30: Die Prüfung war halt einfach.

00:12:31: Alle anderen waren auch gut.

00:12:33: Das heißt, wenn ich beim nächsten Mal wieder in Anführungszeichen gut sein möchte, dann bin ich eigentlich auf ein mir wohlgesonnenes Schicksal angewiesen.

00:12:43: Ich kann selber da gar nichts dazu beitragen.

00:12:46: Wenn Sie aber einen Misserfolg erleben, dann beziehen Sie das alles auf sich.

00:12:51: Dann sagen Sie nämlich, aha.

00:12:52: Das ist jetzt der Beweis.

00:12:54: Ich bin zu dumm, zu untalentiert.

00:12:56: Ich sollte es lieber bleiben lassen.

00:12:59: Und dieses Muster führt natürlich immer zu einer negativen Selbstvertrauensbilanz.

00:13:03: Oder weil ich eigentlich immer einen Eindruck habe, an den Erfolgen kann ich nicht teilhaben, da kann ich nichts tun.

00:13:10: Aber die Misserfolge, die gehen voll und ganz auf meine Kappe.

00:13:14: Und das macht Misserfolge so unglaublich bedrohlich für selbst, weil da könnte jedes Mal wieder aufs Neu rauskommen, dass ich eigentlich diese Totalversagerin bin, von der ich tief im Innern glaube, dass ich das nämlich wirklich bin.

00:13:27: Ja, eine totale Pattsituation eigentlich.

00:13:30: Es gibt gar keine Chance auf Entwicklung und keine Chance auf, das kann gut werden.

00:13:36: Das ist etwas, worüber wir gleich noch genauer sprechen.

00:13:40: ob es überhaupt eine Möglichkeit gibt, diese Spiralen zu unterbrechen, denen etwas entgegenzusetzen.

00:13:47: Denn man ahnt es schon, die sitzen ganz schön tief und eben oft nicht nur in einem einzigen Bereich, sondern sehr, sehr allumfassend, egal ob das das Hobby ist im Verein, in der Schule oder auch im häuslichen Rahmen.

00:14:01: Wie früh kann sich denn so eine perfektionistische Tendenz zeigen?

00:14:07: Man sieht das nicht immer, aber häufig schon bei Kleinkindern im Kindergartenalter.

00:14:12: Das Eltern zum Beispiel beobachten, dass das Kind ein grobes Beispiel, die Schere schon gar nicht in die Hand nehmen will.

00:14:20: Ich glaube, ich kann das nicht.

00:14:22: oder dann eben auch ganz schnell das Handtuch wirft, wenn das Kind merkt, ja, ich schaff das nicht, diesen Bild gerecht zu werden.

00:14:30: dass zum Beispiel die Kindergärtnerinnen und Kindergärtner dort schon zurückmelden.

00:14:34: Alles was nicht mit Sicherheit gekonnt wird, das wird vermieden zum Beispiel auch.

00:14:40: Wir sehen dort dann oft auch die ganz großen Gefühle, also dass die Kinder wirklich weinen, manchmal sogar den Kopf dann auf den Boden hauen oder gegen die Wand knallen, weil sie sagen, ich schaff das nicht, ich kann das nicht, wenn sie etwas Neues lernen sollen, wie beispielsweise das Fahrrad fahren irgendwann, das schwimmen, dass sie sich auch permanent dann nach oben hin orientieren und vergleichen und den Eindruck eben auch dort wieder haben, alle anderen, die können das besser.

00:15:07: Und dann gibt es aber auch Kinder, bei denen kommt das später.

00:15:10: Also die beispielsweise im Grundschulalter noch recht gut zurechtkommen und das eigentlich gut ausgleichen können und dann beispielsweise auf der Weiterführenden Schule, wenn dann auch die Ansprüche steigen und sie je nachdem auch in der leistungsstärkeren Gruppe sind, diese Tendenzen, die schon immer da waren, sich noch mal verstärken und dann auch bewusst zum Vorschein kommen.

00:15:37: Jetzt ist ja eine ganz spannende Frage, woher das Ganze kommt.

00:15:40: Ich höre dann oft, wir können uns das gar nicht erklären.

00:15:43: Wir haben eigentlich nie Druck auf unser Kind ausgeübt.

00:15:47: Und das ist so die Einschätzung, die ich am ehesten bekomme.

00:15:51: Und ich

00:15:52: ... Ich

00:15:53: bin auch immer so, dass ich Eltern dieser Aussage glaube, dass da niemand sagt, jetzt handle ich aber bewusst so und so, damit mein Kind auf jeden Fall in einen ungesunden Perfektionismus rutscht.

00:16:03: Das finde ich aber toll.

00:16:04: Also natürlich glaube ich Eltern, dass das keine bewussten Handlungen sind.

00:16:11: Ist es denn so, dass wir Eltern eine wichtige Rolle dabei spielen oder kommen Kinder quasi so auf die Welt?

00:16:18: Beides.

00:16:20: Also wir haben einen Aspekt, die Genetik, die dort sehr stark mit rein spielt.

00:16:24: Es gibt dort eine Ablichkeitsrate, je nach Studie von ungefähr, von ungefähr, von ungefähr, von bestimmten angeborenen Persönlichkeitsmerkmalen, die uns verletzlicher machen für die Entwicklung von Perfektionismus.

00:16:38: Und dann gibt es aber eben auch Bedingungen drumherum, die den Perfektionismus befördern können.

00:16:43: Das ist einerseits unsere Gesellschaft, so wie sie ist, also dieses Prinzip höher, schneller, weiter.

00:16:50: Du hast den Druck, etwas aus dir zu machen.

00:16:53: Da spielt auch Social Media mit hinein.

00:16:55: Diese perfekten Abbilder, die wir überall sehen, dieser Zwang fasst sich permanent selbst zu optimieren und natürlich auch die Vergleichsgruppe, die dadurch größer wird.

00:17:07: Also ich vergleiche mich jetzt nicht mehr nur mit... den anderen Schülerinnen in meiner Klasse, sondern ich kann eigentlich die Welt als Klassenzimmer nehmen und gucken, wer ist dann noch erfolgreicher als ich?

00:17:17: Das kann diesen Druck auch nochmal erhöhen.

00:17:21: Dann haben wir die Schule.

00:17:24: die einen Einfluss nehmen kann.

00:17:26: Also insbesondere, wenn ich ein sehr wettbewerbsorientiertes Klassenklima habe, wo die Kinder sich ständig gegenseitig dann auch ihre Noten unter die Nase reiben und sagen, ich war besser.

00:17:37: oder auch Lehrkräfte, die dann den Notenspiegel ans Whiteboard schreiben oder noch unten auf die Prüfung drauf setzen und man eigentlich immer gucken muss, wo ich im Vergleich zu den anderen oder eben auch immer wieder.

00:17:51: So Hilflosigkeitserfahrung mach in der Schule das.

00:17:54: Ich hab die Tafel gerufen, wer das unangenehm für mich ist.

00:17:58: Zum Beispiel ich den Eindruck habe, meine Lehrkraft hat die LieblingsschülerInnen, die ... Einfach die, die gut sind, die sind beliebt und die, die Schwierigkeiten haben in der Schule, die werden eher als problematisch erlebt oder als diejenigen, die mir in Anführungszeichen den Unterricht sprengen.

00:18:17: Dann kann das auch dieses Empfinden verstärken von, ich muss immer Bestleistung erzählen, sonst bin ich abgeschrieben.

00:18:24: bei meiner Lehrkraft.

00:18:25: Und dann spielt aber wirklich auch das Elternhaus eine große Rolle.

00:18:29: Und da gibt es verschiedene, ich sage mal in Anführungszeichen, Elternhaustypen, die den Perfektionismus befeuern können.

00:18:40: Soll ich dort noch kurz darauf eingehen?

00:18:42: Unbedingt.

00:18:43: Da gibt es eben verschiedene Wege, wie Eltern oder auch Bezugspersonen sonst zum Perfektionismus ihrer Kinder beitragen können.

00:18:49: Das eine ist der Weg übers Modell lernen.

00:18:52: Also wenn ich selber als Mama oder als Papa, als andere Bezugsperson, die viel mit dem Kind zusammen ist, wahnsinnig ruhig Ansprüche an mich selbst habe, mir Fehler kaum verzeihen kann, schnell in diese Selbstabwertung, Selbstkritik hineingehe, dann schauen sich das Kinder häufig ab.

00:19:08: Gerade wenn sie so eine angeborene Tendenz schon haben.

00:19:12: Und da wird es für Kinder oft schwierig, wenn Eltern gut gemeint, dann sagen, du, nimm dir das doch nicht so zu Herzen, man muss doch nicht immer gut sein, aber das Kind beobachtet aber für sich selber.

00:19:24: Nimmt meine Mama, mein Papa das gar nicht an, dann gibt es so eine Doppelbotschaft, die für Kinder sehr schwer einzuordnen ist.

00:19:32: Dann gibt es Familien, bei denen die Eltern eher so einen ängstlichen Erziehungsstil haben, also dass sie sich viele Sorgen machen, um die Entwicklung ihres Kindes, Angst haben vor der Zukunft.

00:19:45: Immer wieder auch Dinge sagen wie, wenn das so weitergeht, dann sehe ich schwarz oder man kann sich eben keine Fehler erlauben.

00:19:55: Immer wieder auch den Eindruck haben, das Kind könnte den Anschluss verlieren, wenn es jetzt quasi nicht Gas gibt.

00:20:01: Und dann ist es häufig so, dass die Kinder diesen Druck, diesen Stress der Eltern sehr sensibel wahrnehmen und den Eindruck haben, ich muss gut sein, damit meine Eltern sich endlich entspannen können.

00:20:13: Also dann nehmen sie diese Aufgabe auf sich von, ich darf meinen Eltern auf keinen Fall Anlass für weitere Ängste geben.

00:20:21: Und dann ist dieser Perfektionismus eigentlich eine Möglichkeit, den Anführungszeichen den Eltern etwas Gutes zu tun.

00:20:29: Dann haben wir Familien, bei denen wirklich die Leistung und die Liebe und Anerkennung eng verknüpft ist.

00:20:36: Also, wenn Kinder merken, meine Eltern, die werden mich ab, die bestrafen mich, die sagen Sachen, die war von dir, hätte ich aber mehr erwartet, wenn es nicht genau ihren Ansprüchen genüge tut.

00:20:47: oder auch Kinder, die beschreiben, meine Eltern, die werden dann, die schmollen dann, sind so enttäuscht, wenden sich von mir ab.

00:20:55: Dann spüren sie natürlich auch, ich muss... Bestleistung bringen, um die Liebe meiner Bezugspersonen zu verdienen und aufrecht zu erhalten.

00:21:05: Und dann gibt es zuletzt, aber das ist ein kleiner Anteil von Kindern, Kinder, die eher in chaotischen, unstrukturierten, vernachlässigten bis hin zu missbräuchlichen Familienkontexten groß werden.

00:21:20: Für die, der Perfektionismus und Versuch ist, etwas Struktur in dieses Chaos zu bringen.

00:21:28: Und so ein innerer Schutzmechanismus von, wenn ich mir keinen Fehler erlaube, wenn ich alles perfekt mache, dann kann ich dadurch vielleicht auch Bestrafung, Gewalt, Abwertung entgegen gehen sozusagen.

00:21:42: Und das wären verschiedene Jahrkontexte, in denen Perfektionismus auch im Elternhaus eher begünstigt wird.

00:21:51: Ich finde ganz wichtig, wie an vielen Stellen der Elternschaft da einmal wirklich ehrlich auf sich zu gucken, vielleicht auch im Gespräch mit der Partnerin oder dem Partner zu schauen.

00:22:03: Ja, wir üben vielleicht nicht bewusst Druck aus, aber gibt es eben Elemente in unserem Familienzusammenleben, zum Beispiel diese Vorbildsache.

00:22:12: Ich glaube, dass es einfach vielen Eltern nicht bewusst und es hilft total, sich diesen Dinge zu stellen und einmal genauer hinzuschauen.

00:22:22: Oft reicht es, wenn wir uns da auf den Weg machen und es verändert auch sofort irgendwie was im Familiengefüge.

00:22:28: Das ist meine sehr deutliche Erfahrung.

00:22:31: Wenn ich an mir gearbeitet habe, entweder einfach selbst im Austausch mit meinem Mann oder eben auch therapeutisch, dann war das wirklich unfassbar staunlich.

00:22:42: wie schnell und wie direkt das eine Auswirkung darauf hatte, was sich so einen gesamten Familiengefüge ergibt.

00:22:49: Und das ist jetzt nicht auch noch eine Möglichkeit, weiter Druck auf Elternhäuser zu machen.

00:22:54: Ich erlebe, dass Eltern von perfektionistischen Kindern sich unglaublich hilflos fühlen, gerade weil man ja so wenig Andockpunkte hat, im Schulsystem jetzt große Räder in Bewegung zu setzen.

00:23:07: Allein die Idee von, hey, eine kleine Sache oder einen Schritt kann ich hier auch im Familienleben gehen.

00:23:13: Und nur das soll der Impuls sein.

00:23:15: Das kann einem so ein bisschen selber auch das Gefühl geben von, okay, da sind noch Dinge.

00:23:18: Oft kommen die und haben das Gefühl, wir haben doch alles ausgeschöpft.

00:23:21: Ich sag doch schon dauernd, wir schaffen das.

00:23:24: Und ich versuch zu unterstützen.

00:23:25: Oder wir reden auch gar nicht mehr über Schule.

00:23:27: So wirklich eine große Hilflosigkeit.

00:23:30: Und da fand ich das jetzt immer super wichtig zu sehen.

00:23:33: Wo können denn die Stellschrauben?

00:23:35: sitzen, wo können die sein, an denen ich vielleicht doch schon mal ein kleines bisschen drehen kann und irgendwie wieder eine Möglichkeit habe.

00:23:42: Wir haben auch gerade gehört, das Thema ist durchaus ein schweres Thema, ein sehr, sehr forderndes Thema für alle Beteiligten.

00:23:51: Und umso dankbarer bin ich, dass ihr euch diesem Thema gewidmet habt und ein Kinderbuch darüber geschrieben habt.

00:23:57: Ich durfte schon ein bisschen reinschauen.

00:24:00: Und war ganz, ganz begeistert davon, weil es wirklich ganz sensibel und sehr authentisch.

00:24:07: Und das haben wir schon gehört, ist in diesem Kontext richtig.

00:24:09: Das braucht eine ganz hohe Authentizität, damit diese Kinder überhaupt in solchen Geschichten andocken oder auch in den daraus folgenden Tipps andocken können.

00:24:19: In diesem Kinderbuch gibt es die kleine Ente Merle.

00:24:24: die sehr, sehr, sehr hohe Ansprüche an sich stellt und all das zeigt, was du gerade so schön beschrieben hast.

00:24:30: Und über die Geschichte verraten wir jetzt nicht so viel.

00:24:33: Das dürft ihr bitte selber auch als Eltern lesen.

00:24:36: Ich fand das als Mama super wertvolles Buch und einige der Übungen sind vielleicht auch für mich ganz gut geeignet.

00:24:43: Aber innerhalb der Geschichte kommt der Punkt, wo die Merle diesen Glaubenssätzen, die aus so einem Perfektionismus resultieren.

00:24:55: Wir haben schon gehört, ich bin so blöd, ich schaff das sowieso nicht, ich kann gar nichts, ich bin nichts wert, ich werde nur geliebt, wenn den begegnet sie irgendwann.

00:25:02: Und ihr habt ein Bild gewählt dafür, nämlich das Bild des Tyrannikus.

00:25:07: Wer oder was ist ein Tyrannikus?

00:25:11: Der Tyrannikus ist diese verurteilende, harte Stimme, die Merle in sich trägt, dieser innere Kritiker, der immer dann in ihr Hoch steigt, wenn sie sich an was Neues heranwagen möchte, wenn sie in der Leistungssituation sich befindet.

00:25:30: Und wir haben dieses Bild vom Tyrannikus gewählt.

00:25:33: Das ist eine kleine Figur, die ihr auf der Schulter sitzt und ihr all diese negativen selbstabwertenden Sätze einflüstert.

00:25:43: Wir haben die gewählt.

00:25:45: um diese Schwierigkeit zu externalisieren.

00:25:49: In der systemisch-lösungsorientierten Beratung wird sehr häufig mit Externalisierung gearbeitet und das Prinzip dahinter ist nicht das Kind ist das Problem, sondern das Problem ist das Problem.

00:26:01: Also man trennt die Personen von der Schwierigkeit mit dem Gedanken, ich kann von außen dann.

00:26:08: auf dieses Problem blicken.

00:26:09: Und dann fällt es mir auch leichter, mich mit Schambesetzten Themen auseinanderzusetzen.

00:26:15: Und das ist eine Variante, eben wirklich mal zu schauen mit dem Kind, wie sieht denn dein Tyrannikus aus?

00:26:23: Wie,

00:26:23: ja,

00:26:24: mit was von der Stimme redet diese innere Kritikerin, dieser innere Kritiker mit dir.

00:26:28: Ich fand das ganz süß.

00:26:30: Wir hatten etwa hundertzwanzig Testleserinnen und ihre Familien, die das Manuskript gelesen haben und Es kam immer wieder die Rückmeldung, dass Kinder gesagt haben, jetzt habe ich den auch gemalt, diesen Tyrannikus und eingeklemmt in mein Buch, so wie die Merle das dann macht.

00:26:47: Und das tat einfach mal gut, dass seine Stimme dadurch ein bisschen leiser geworden ist.

00:26:52: Und in dieser Beschäftigung mit dieser inneren Stimme können wir dann eben auch viel besser diese schweren Hinderlichen Glaubenssätze hinterfragen und schauen, wie möchte ich eigentlich mit mir selbst umgehen?

00:27:08: Also der Weg von Merle führt dahin, dass sie Gedanken wie, ich bin so eine Versagerin oder wenn ich es nicht schaffe, dann sind alle enttäuscht von mir.

00:27:19: Genauer und die Lupe nimmt mit Hilfe einer Figur, die ihr da ja den Rücken stärkt und merkt, ist das denn wirklich so, dass alle enttäuscht von mir sind, wenn ich mal eine schlechte Note schreibe oder das mit dem Übertritt nicht schaffe?

00:27:34: Sie traut es sich dann zum Beispiel auch nochmal mit der Mama darüber zu sprechen.

00:27:38: Du Mama, wie würdest du reagieren?

00:27:40: Wie wäre das für dich?

00:27:41: Wie würdest du mich sehen, wenn ich das mit dem Übertritt hier auf dem Gymnasium nicht schaffe?

00:27:46: Und die Mama kann ihr glaubhaft vermitteln.

00:27:48: Schau, mir geht es gar nicht so sehr darum, ob du das schaffst, sondern mir geht es vor allem darum, ob diese Schule zu dir passt.

00:27:55: Und keine Note der Welt könnte etwas an meiner Liebe zu dir ändern.

00:27:59: Ich werde immer da sein und ich werde immer dir den Rücken stärken wollen.

00:28:04: Und das ist so eine Kernerfahrung, die perfektionistische Kinder so ganz dringend brauchen, dieses Wissen.

00:28:11: Das sind Menschen, die glauben an mich, aber die sind vor allem auch da, wenn ich Misserfolge erleben werde.

00:28:18: Und sie werden ihre Liebe nicht zurückziehen und sie werden auch ihr Bild von mir nicht ins Wanken bringen lassen.

00:28:25: Und so ein anderer Aspekt, den sie dort in der Auseinandersetzung mit dem Tyrannikus mitnimmt, ist, mehr Fürsorge für sich selbst zu entwickeln.

00:28:37: Also sie entwickelt eine liebevollere innere Stimme, die sie diesem Tyrannikus entgegensetzen kann.

00:28:43: Dieses Selbstmitgefühl, was wir auch aus der Forschung wissen, was für perfektionistische Menschen so wichtig ist.

00:28:49: will ich eigentlich lernen, mit mir selber so umzugehen, wie ich mit einer guten Freundin, einem lieben Freund, vielleicht auch mit meinem Haustier umgehen würde, wenn es dem nicht gut geht.

00:28:58: Und das ist ja oft so

00:29:00: unfassbar

00:29:02: zu sehen, dass perfektionistische Kinder nach außen hin oft so empathisch, so unterstützen, so liebevoll sind, wenn andere Menschen in diesen Stress kommen, wahrscheinlich weil sie das selber so gut nachvollziehen können.

00:29:15: Aber wenn es um sich selber geht, so hart, so fies, so gemein mit sich sind, wie Sie das mit jemand anderem nie tun würden.

00:29:25: Und das aufzugreifen, spürbar zu machen, auch zu schauen, ja, wie möchte ich mit mir selber umgehen?

00:29:33: Das ist so ein ganz, ganz wichtiger Punkt.

00:29:35: Und das kann man Kinder nicht von außen einimpfen.

00:29:37: Im Sinne von ja, ziehst doch mal so oder sei nicht so hart mit dir, sondern ... dass sie es wirklich einen Weg, den sie Schritt für Schritt gehen dürfen, wo es diese eigenen Erkenntnisprozesse braucht.

00:29:50: Und das war ein ganz großer Grund, warum wir das Buchtesschafters Merle geschrieben haben, weil wir Kinder mitnehmen wollten auf diese Reise.

00:29:59: Und weil wir Eltern die Möglichkeit geben wollten, auch durch das Vorlesen mit ihren Kindern über diese Themen ins Gespräch zu gehen, wo es oft sehr schnell die Kinder ja so zu machen und dann einen Eindruck haben, ich verstehe sowieso niemand.

00:30:12: Und du hast das vorhin ja angesprochen, dieses genaue Hinschauen auch als Mama oder Papa.

00:30:18: Und das finde ich auch schön, zu wissen, als Elternteil, wenn ich selber so perfektionistisch bin, dass ich gar nicht in dieses Schuldgefühl hineingehen muss.

00:30:28: So, oh Gott, das habe ich jetzt meinem Kind mitgegeben, sondern dort auch zu wissen.

00:30:31: Und das wissen wir aus der Forschung.

00:30:33: Dadurch werden wir zu einem wunderbaren Modell, nämlich zu einem Bewältigungsmodell.

00:30:38: Also, wenn mein Kind sieht, Okay, meine Mama oder mein Papa, die denken ähnlich wie ich.

00:30:44: Die haben auch diesen Tyrannikos im Nacken, der die manchmal so antreibt.

00:30:48: Und die möchten darin aber was verändern.

00:30:51: Und wir können uns zusammen auf den Weg machen und entdecken, wie man mit so einer harten Karten, äh, Karten

00:31:00: halten.

00:31:00: Jetzt habe ich gedacht, wenn

00:31:01: man mit so einer harten, kalten inneren Stimme umgeht, dann ... Ja, kann das auch ein sehr verbindendes Element sein und dass sich die Kinder sehr viel abschauen können.

00:31:11: Und das funktioniert oft besser als so ein Kompetenzmodell, was sowieso schon von sich aus super gut drin ist mit Leistungsanforderungen umzugehen und dort gar keine Probleme hat.

00:31:24: Ich finde das so wichtig, was du jetzt alles gesagt hast.

00:31:27: Denn da steckt so viel drin, was schnell, wenn man das nicht im Blick hat, eben der eigentliche Schlüssel wäre.

00:31:34: So dieses, was du sagst, wenn man das immer nur so von außen ans Kind bringt, ist meine Erfahrung als Lehrkraft, dass Kinder ganz schnell in dieses, oh, jetzt bin ich auch wieder allein dafür verantwortlich, dass ich das hinkriege.

00:31:45: Also noch mehr Druck.

00:31:46: Da gibt es plötzlich eine Erwartungshaltung daran, dass ich das verändere und dass ich ihnen ein anderes Denken mehr gegenüberkomme.

00:31:53: Die spüren ganz genau, was die Erwartungshaltung ist und haben wieder das Gefühl, ich habe jetzt hier ganz allein die Aufgabe, das hinzukriegen.

00:31:59: Aber wenn sich ein Elternteil oder auch eine Lehrkraft, die können in Teilen auch diesen Weg gehen und sagen, Mensch, jetzt habe ich da einen Fehler gemacht, na ja, dann weiß ich jetzt, was ich das nächste Mal anders machen kann oder, oder, also wenn wir das verbalisieren im Klassenzimmer, dann sind diese Kinder ein bisschen weniger allein und haben vor allen Dingen, das hast du ja auch schon so ein bisschen angedeutet oder einfach, ja, nie deutlich gemacht, dass es dieses authentische braucht.

00:32:24: Wir Könne ich auch im Klassenzimmer nicht einfach ein Poster aufhängen mit, du bist genau richtig, dann steht das da.

00:32:30: Aber das dockt ja gar nicht an.

00:32:32: Und du hast gesagt, dass mehrles Mama ihr das sehr glaubhaft vermitteln kann.

00:32:39: Du bist hier nach wie vor genauso geliebt.

00:32:42: Ganz egal, was jetzt da mit dieser Schule passiert, ob du einen Übertritt schaffst oder nicht, ob du bestimmte Noten hast oder nicht, das ändert rein gar nichts daran, dass ich dich genauso liebe wie vorher.

00:32:56: Und diese Sätze, dann höre ich eben oft auch von Lehrkräften oder von Eltern.

00:32:59: Ja, aber sowas sage ich doch, oder ich sage doch, schon dauernd Noten sind egal und das ist mir völlig wurscht und ich habe dich genauso lieb.

00:33:08: Meine Erfahrung ist, diese Kinder haben so so so feine Antennen dafür, ob das nur ein Satz ist oder ob das, was sie täglich erleben und gespiegelt bekommen und die tägliche Begegnung, ob die auch zu diesem Satz passt.

00:33:23: Wenn ich also im Schulsetting als Lehrkraft irgendwie das Poster aufhänge, Noten sind egal oder Fehler sind Helfer.

00:33:31: Aber Kinder, das ist ein gutes Beispiel dafür.

00:33:34: Das ist ein ganz wahrer Satz.

00:33:36: Wenn man das hinkriegt, mit Kindern zu leben und ihnen das zu vermitteln, Fehler helfen uns, Fehler bringen uns weiter.

00:33:43: Fehler können ein Anlass zur Verbindung mit anderen Menschen sein.

00:33:46: Fehler können ganz viel.

00:33:47: Der Satz ist nicht das Problem.

00:33:50: Der Satz ist ganz, ganz wichtig und richtig.

00:33:53: Aber wenn der da nur klebt oder ab und zu mal so gesagt wird oder auf so ein Kärtchen, was die Kinder dann geschenkt bekommen, aber das tägliche Erleben nicht dazu passt, sondern das tägliche Erleben ist, ja, wenn ich Fehler mache, kriege ich aber eine Vier.

00:34:05: Oder wenn ich Fehler mache, kriege ich eine Strafarbeit.

00:34:07: Oder wenn ich Fehler mache, darf ich das und das nicht mitmachen.

00:34:11: Oder werde ausgelacht.

00:34:12: Oder gibt genügend Möglichkeiten leider in Schule, solche Erfahrungen zu machen.

00:34:18: Dann nützt so ein Satz, so ein Poster, so eine Karte, wirklich gar nichts.

00:34:22: Und das finde ich eben dann so toll, diese Idee zu haben.

00:34:25: Von dann mache ich mich eben gemeinsam mit meinem Kind auch auf den Weg zum Beispiel.

00:34:30: So ein ganz authentischer Weg, sozusagen.

00:34:33: Ehrlich gesagt.

00:34:34: Ich glaube, ich bin eigentlich auch nicht immer so fair zu mir.

00:34:37: Ich habe solche Sätze auch.

00:34:38: Ich kann das total verstehen.

00:34:40: Weißt du was?

00:34:41: Das machen wir jetzt zusammen.

00:34:43: Und das ist ein ganz anderer authentischer Weg, der eben auch nicht wieder die Verantwortung komplett aufs Kind überträgt.

00:34:49: Das hat mich gerade sehr berührt und nehme ich mir ganz, ganz doll nochmal mit, dass das ganz, ganz wichtig ist.

00:34:56: Ich finde, du hast das wunderbar beschrieben.

00:34:58: Ein Gedanken, den ich sehr gerne auch Eltern von perfektionästischen Kindern noch mitgeben möchte, ist der, wir versuchen ja von außen, wenn wir den Druck der Kinder wahrnehmen, ihnen diese hohen Ansprüche auszureden.

00:35:12: Also eben genau das, was du jetzt beschrieben hast.

00:35:14: Noten sind egal, man muss ja nicht immer gut sein und so weiter.

00:35:17: Das ist gut gemeint.

00:35:19: Aber die hohen Ansprüche an und für sich, die sind gar nicht das Problem.

00:35:24: Das Problem ist, dass die Kinder diese große Angst vor Misserfolgen haben und die Fehler für sie so tragisch sind.

00:35:32: Und wenn man ihn permanent diese Perspektive ausredet... Du solltest nicht so gut sein wollen, dann ist das ja auch wieder eine Abwertung.

00:35:43: Im Sinne von, du denkst und fühlst nicht richtig.

00:35:47: Du musst dich verändern.

00:35:48: Und das trägt wieder weiter zu diesem Unzulänglichkeitsgefühl bei.

00:35:52: Von ja, jetzt kann ich nicht mehr richtig denken und fühlen, so wie die das wollen.

00:35:57: Ich glaube, ein Weg ist wirklich, das wahrzunehmend zu erkennen, zu sagen, hey, ich sehe diese Prüfung, diese Tests, die sind dir sehr, sehr wichtig.

00:36:06: Magst du mir mal erzählen, was dir dadurch den Kopf geht?

00:36:09: Und magst du mir mal erzählen, wie diese Prüfung xy schafft, dir so viel Unsicherheit, dir so viel Angst einzujagen?

00:36:19: Und da genauer hinzuschauen, was ist es genau, wovor sich das Kind fürchtet?

00:36:23: Denn wenn wir es schaffen, diesem Scheitern und diesen Fehlern den Schrecken zu nehmen, dann bauen wir auch diesen Perfektionismus ab.

00:36:31: Und das ist ein... Weg zum Beispiel, den wir auch im Buch einschlagen, dass Merle mit der Zeit lernt, mit Anlauf in den Fehlerteilig zu hüpfen, sagen wir dazu.

00:36:41: Also gerade, dass du jetzt beschrieben hast, Fehler als richtungsweise auch zu begreifen, Unsicherheit als Teil vom Lernprozess bekommen zu heißen, zu sagen, hey ja, der Mentor von Merle sagt zu ihrem Herzen der Unsicherheit liegt ein Schatz verborgen.

00:36:58: Und das ist für mich ein Satz, der so wahr ist, dieses Unsicherheit zulassen können, als Teil vom Wachstum begreifen können.

00:37:06: Und auch das ist was wieder, das können wir den Kindern nicht einimpfen, sondern das müssen sie Schritt für Schritt erleben dürfen.

00:37:12: und denkt, deswegen ist dieses Buch auch so lang.

00:37:15: Ich war selber nämlich so ein perfektionistisches Kind und ich kenne all diese Sätze und ich kenne all diese Herangehensweisen und... Ich glaube, es braucht, wie du sagst, dieses authentische auch Wissen darum, was geht in einem Kind vor, das so fühlt und denkt.

00:37:37: Das passt eigentlich und beantwortet schon halb.

00:37:40: Die Frage, die es sich mir gestellt hat, als ich das so gelesen habe und mich mit dem Thema auseinandergesetzt habe, noch mal intensiver.

00:37:48: Ihr wählt ja einen Weg, diese innere Stimme, in dem ... Bild sehr negativ zu besetzen.

00:37:54: Das Wort Tyrannikus bringt ja auch schon so eine gewisse Härte.

00:37:58: und was Tyrannisches, was Herrisches mit sich.

00:38:02: Etwas, das uns bremst, das uns klein macht, das uns total verunsichert.

00:38:06: Ein komplett negativen Gegenspieler, den wir schrumpfen müssen und irgendwie wegkriegen.

00:38:13: Ich finde ganz gut, dass ihr Schrumpfen genommen habt und nicht sofort dieses Demos jetzt weg.

00:38:16: Das fand ich, ich mag es, wenn so Sprache, so kleine, achtsame Momente hat man genau merken, nee, nee, das ist ein ganz bewusstes Wort hier gewählt.

00:38:25: Ist denn so ein Tyrannikus nur böse und ist Perfektionismus nur schlecht?

00:38:32: Weder noch.

00:38:34: Wir haben bewusst dieses Schrumpfen des Tyrannikos gewählt und auch diese Kraft, die Merle entwickelt von einer bestärkenden, liebevollen, fürsorglichen inneren Stimme, die sie ermutigt und bei Misserfolgen auch einfach aufhängt, so wie eine gute Freundin das tun würde.

00:38:53: Denn diese hohen Ansprüche können durchaus auch was Positives haben.

00:38:59: Also es gibt ja auch diese positive Form des Perfektionismus.

00:39:03: dass ich eben mir Ziele setze, dass ich die gerne erreichen möchte, aber dass ich mir die Flexibel setze und freiwillig und dann eben auch Fehler, Misserfolge als Teil des Lernprozesses annehmen kann, dass ich mir Zeit nehmen kann, auch um mir neue Kompetenzen anzueignen und dass es eher darum geht, sozusagen diese hinderlichen Aspekte vom Tyrannikus los zu lassen und ihn trotzdem Willkommen zu heißen als einen Teil, der mich ja auch schützen möchte.

00:39:37: Also schützen möchte dafür, Dinge, die ich wichtig nehmen sollte, zu unrichtig zu nehmen oder vielleicht auch davor schützen möchte.

00:39:47: Fehler zu machen, die tatsächlich viele negative Konsequenzen nach sich ziehen würde.

00:39:53: Also es geht immer darum, ein Stück weit flexibler zu werden im Umgang mit Leistungsanforderungen und zum Beispiel auch da zu schauen, wann will ich dem Tyrannikus glauben und wann nicht.

00:40:05: Und wie kann ich mich auch ein Stück weit ja von Bewertungen unabhängiger machen, also dass ich stärker mein eigener Bewerter oder meine eigene Bewerterin wehrt und schau.

00:40:16: Ist mir diese Person zum Beispiel, die mir dieses Feedback gibt, prinzipiell wohlgesünd?

00:40:23: oder ist es jemand, der sich wirklich in dem Bereich auskennt, möchte die Person mich weiterbringen?

00:40:29: Oder geht es nur darum, mich quasi runter zu machen?

00:40:32: Wann darf ich selber stolz auf mich sein?

00:40:36: Und ist das immer nur dann, wenn von außen alle sagen, das hast du gut gemacht?

00:40:40: Oder darf ich da auch eigene Ansprüche entwickeln, die zu mir passen und die mir gut tun?

00:40:45: Und darum geht es ein Stück weit.

00:40:46: Deswegen am Ende eben auch diese vielen Übungen zur Tyrannikus-Schrumpfkur, was darum geht, wie wir die ein bisschen kleiner machen, leiser machen, wie wir mit dem gut leben können.

00:40:57: Und ja, wie wir flexibler werden.

00:41:00: im Umgang mit Leistungsanforderungen.

00:41:03: Ja, da höre ich raus, dass es vor allen Dingen um eine Balance geht, dass es in eine gesunde, mir guttunende Balance geht und dass ich aus dieser Ohnmacht rauskomme.

00:41:12: Nicht der Tyrannikus herrscht über mich, sondern wir sind in einer gewissen Weise verbunden und ich entscheide, ich kann selbst entscheiden, ob ich etwas zufriedenstellend fand, ob ich an anderer Stelle sage, da würde ich gerne irgendwie das nächste Mal was anderes machen, dass das wieder in meiner Hand liegt und nicht dieser Tyrannikus quasi das alleinige Recht hat darüber zu urteilen, wer ich bin, wie ich bin und wie gut genug ich bin.

00:41:40: Das finde ich wirklich ein ganz tolles Bild und wir haben ja schon ein paar der Tipps gehört, über den würde ich es auch belassen, sich selbst eine Freundin sein, als Eltern gemeinsam auf diesen Weg machen.

00:41:52: Die Ansprüche des Kindes auch.

00:41:53: ernst zu nehmen und nicht zu sagen, ach, ist doch wurscht.

00:41:56: Nee, ist nicht wurscht.

00:41:57: Du hast ganz tolle Formulierungshilfen gegeben, wie man diese Ängste ansprechen kann, ernst nehmen kann und dann vielleicht einen Weg gehen kann, bei dem die etwas geschumpft werden.

00:42:09: Und für die weiteren Tipps würde ich unbedingt bitten, sich dieses Buch zu kaufen.

00:42:13: Das ist nämlich wirklich am Ende so, so umfangreich nochmal.

00:42:17: Und das erste Mal, dass ich so was gelesen habe und dachte, ja.

00:42:21: Ich glaube, das kann wirklich funktionieren.

00:42:24: Jenseits von einem netten oder nett gemeinten Affirmationskärtchen.

00:42:29: Also große Empfehlung.

00:42:31: Wir haben jetzt also ein bisschen gehört, was Eltern tun können, wo sie ansetzen können.

00:42:35: Ich würde gerne einen ganz kurzen Ausblick noch in Schule machen.

00:42:39: Wir haben jetzt gerade gehört, Perfektionismus bewegt sich auch ganz doll im Schulrahmen, kann dort auch zum ersten Mal wirklich richtig intensiv.

00:42:50: ans Tageslicht kommen, sag ich mal, um es so ein bisschen zu fokussieren.

00:42:55: Was wäre für dich das Allerwichtigste, was in Schule passieren, sich vielleicht auch verändern?

00:43:01: Was muss ich verändern, damit diese Kinder dort gut aufgehoben sind?

00:43:08: Ich glaube, es ernst nehmen mit dem Gedanken, dass Schule ein Ort ist, zu wachsen und zu lernen und nicht ein Ort ist, um zu zeigen, was ich kann.

00:43:19: vorwiegend.

00:43:21: Diesen Aspekt angesprochen, es reicht nicht, dieses Poster aufzuhängen, von Fehler sind Helfer.

00:43:28: Und da möchte ich ansetzen und ein Stück weit auch ins Zentrum rücken, mit welchen Gefühlen ist das Lernen verbunden?

00:43:38: Also, dass ich beispielsweise Unsicherheit als Teil des Lernprozesses wirklich auch mal in der Schule thematisiere, also drüber spreche.

00:43:48: Ja, wann fühlt ihr euch beim Lernen zum Beispiel unsicher?

00:43:51: Wie redet ihr dann mit euch selber?

00:43:53: Was macht uns allen vielleicht auch Angst, wenn oder macht uns nervös, wenn es darum geht Prüfung zu schreiben?

00:44:01: Und dann auch eben zu sehen, es geht vielen ähnlich oder die anderen sind auch nervös, wenn sie in Referat halten müssen und davor der Klasse stehen und dann auch miteinander drüber sprechen zu können.

00:44:12: Ja, was tut uns dann in so einem Moment gut?

00:44:15: Okay, es ist schön, da vorne zu stehen und in eine Gruppe von Menschen zu gucken, die mich anlächeln oder die mich einfach ja ermutigend anschauen, oder?

00:44:25: Und auch zu gucken, ja, wenn jemand dann da hinten vielleicht tuschelt oder lacht, dass man da bestimmte... Ja, auch Regeln dafür hat, wie sind wir in den Anfangszeichen gutes Publikum, in dem andere wachsen können?

00:44:41: oder eben auch gerade diese Situation, die für viele Kinder schwierig sind, vor anderen etwas zu präsentieren, sich zeigen zu müssen.

00:44:49: Dass wir es dort wirklich ernst nehmen mit dieser Lernperspektive und zum Beispiel nicht sagen, ja, es gibt jetzt dieses Referat über das Thema X, Y bereit, das bitte zu Hause vor.

00:44:59: Und dann hältst du das am Tag X und dann gibt es die Note dafür, sondern wirklich wir unterstützen einander in diesem Weg dorthin, dass ich beispielsweise meine Stichwortkarten schreiben darf, dass ich das zuerst mal in der Gruppe von zwei, drei Mitschülerinnen präsentieren darf, dass ich aussuchen darf, von wem möchte ich Feedback dazu hören, damit ich auch selber zum Beispiel dosieren kann, von wem mag ich Feedback und wie viel vertrage ich vielleicht auch am heutigen Tage.

00:45:28: dass wir diese Anforderungen langsam steigern von okay, dann von der kleinen Gruppe dann wirklich mal vor die Klasse zu treten, dass wir miteinander drüber sprechen, wie muss eine Feedback-Kultur sein, damit sie wirklich lernförderlich und ermutigend ist und dass wir diesem Teil auch Raum geben und nicht einen Eindruck haben, eben es geht nur darum, am Schluss dann diese Prüfung zu schreiben, Feedback zurückzugeben.

00:45:58: Und ich denke, der zweite Aspekt ist, den Kindern mitzugeben.

00:46:02: Du bist hier in der Schule willkommen, unabhängig von dem, was du leisten kannst.

00:46:06: Eigentlich ähnlich wieder wie zu Hause.

00:46:08: Und da ist der Moment, wenn ein Kind mal eine schlechtere Note schreibt, als normalerweise, ein ganz sensibler Punkt.

00:46:15: Oder habe ich dort nochmal ... Dann aber auch zeig, hey auf der Beziehungsebene ist zwischen uns alles noch okay.

00:46:22: Spezifisch anbiete auch, schau mal, wenn du dich verbessern möchtest in dem und dem Bereich, wäre das möglich, da kann ich dir dabei helfen.

00:46:30: Dann ist auch dieses Fehler sind helfer spürbar im Alltag und viel spürbarer, als wenn das Eis zettel irgendwo an der Wand verschimmelt.

00:46:40: Ein starker Satz am Ende, der aber ganz, ganz, ganz viel Wahrheit enthält.

00:46:45: Und auch nochmal wirklich die Ermunterung an Lehrkräfte, sich selbst auch zuzugestehen, da kleine Schritte zu gehen, je nachdem, wie es zu den Ressourcen passt.

00:46:54: Also auch da nicht die eigenen Ansprüche unerreichbar hoch am Anfang zu setzen.

00:47:00: Ich höre dann oft, dass Lehrkräfte gar nicht in diese Entwicklung gehen, weil sie sagen, ja, aber was bringt's?

00:47:04: Am Ende muss ich halt doch die Blödennoten geben.

00:47:06: Ja, am Ende.

00:47:08: Aber auf dem Weg dahin haben wir so viele, teils kleinste alltägliche Situationen, in denen wir völlig frei sind in unserem Feedback und eine gewisse Freiheit haben, wie wir Feedback präsentieren, wie wir Kindern die Möglichkeit geben, Feedback zu bekommen oder eben auch nicht an einem Tag, wo das Kind sagt, heute wirklich kann ich, nie mag ich nicht, schaffe ich nicht, wie wir selber diesen Weg bestreiten als Lehrkraft.

00:47:35: Ich habe ja ADHS, ich Vergesse diverse Dinge.

00:47:42: Vorrangig meinen Schlüssel.

00:47:43: Und ich thematisiere diesen Moment.

00:47:46: Und gehe da wirklich immer wieder auf die nächste Ebene und sag, hey, wart ihr schon jemals irgendwie sauer auf mich?

00:47:54: Und hab gedacht, oh, die Frau nix, die mag ich jetzt nicht mehr, weil ich leider doch wieder meinen Schlüssel beim Kopier ablegen lassen.

00:48:02: Nein, ihr sagt auch Frauen nichts, weil es irgendwie ein bisschen zu mir gehört und ihr wisst, dass ich mich an ganz vielen anderen Stellen, die viel wichtiger sind, doll anstrengen.

00:48:10: und ihr seid sogar so lieb und hilfsbereit und geht schnell runter und holt den.

00:48:14: Und genau so, wie ihr mit mir hier umgeht.

00:48:16: dürfte auch mit euch selber umgehen und dürfen wir hier zusammen miteinander umgehen.

00:48:20: Und solche Momente, das sind glitze kleine Momente im Schulalltag, mein Schlüssel vergessen.

00:48:24: Aber wenn wir die mal so unter den Fokus stellen, dann ist auf diesem Weg zu irgendeiner Note irgendwann mal am Ende einer Einheit ganz viel alltägliches passiert, wo wir diese Sätze und diese Haltung ganz oft leben können.

00:48:39: Eine Sache ist mir noch wichtig.

00:48:41: Schluss, wenn sich so ein Perfektionismus doch sehr, sehr hartnäckig zeigt, sehr tief zeigt.

00:48:49: Eltern auch sagen, ich bin selber mit diesem Thema vielleicht auch selber sehr perfektionistisch und mir gelingt es einfach noch nicht so gut, das so richtig, richtig authentisch zu begleiten.

00:49:02: Gibt es therapeutische Wege, die sinnvoll sein können?

00:49:07: Genau, also ich finde es wichtig, dort genauer hinzuschauen, weil gerade so ein Tiefsitzender Perfektionismus eben auch ein Risikofaktor sein kann für weitere psychische Auffälligkeiten.

00:49:18: Und da gibt es verschiedene Wege, am Perfektionismus zu arbeiten und sich da auf die Reise zu begeben.

00:49:25: eben vom zum Beispiel von der kognitiven Verhaltenstherapie.

00:49:29: Dort würde man vor allem diese Glaubenssätze genauer unter die Lupe nehmen und schauen, stimmen die denn, tun mir die gut, wie könnte ich alternativ mit mir umgehen?

00:49:39: Dann gibt es eher Verfahren aus der Akzeptanz- und Commitmentherapie.

00:49:45: Aber was sehr auch darum geht, eben achtsammer mit sich selbst umzugehen, diese liebevolle innere Stimme zu kultivieren und dieses in Anführungszeichen Hintergrundgeplapper, dieses Tyrannikurses, ein Stück weit nicht mehr für Barry Münze zu nehmen.

00:50:03: Achtsamkeit insgesamt, Entspannungstechniken, die da hilfreich sein können.

00:50:09: Und da würde ich auch sehr ermutigen wollen Familien, wenn sie merken, dass sie dort alleine nicht weiterkommen, sich psychotherapeutisch anbinden zu lassen.

00:50:18: Da kann auch gerade jetzt im Hinblick auf das Kind der Weg zur schulpsychologischen Fachperson mal die erste Andockstelle sein, die das dann auch reagieren kann.

00:50:28: Wo könnte es in unsere Region hingehen?

00:50:32: Ja, dem kann ich mich nur anschließen.

00:50:34: und um ein bisschen die Message rauszuschicken, ihr seid nicht allein.

00:50:38: Ich selbst mache gerade eine Psychotherapie, also gar nicht mein Kind, sondern ich, weil ich gemerkt habe, ich habe als Mutter so hohe Ansprüche an mich selbst und an meinen Mutter sein.

00:50:48: und aus denen, an denen kann ich arbeiten.

00:50:51: Und das mache ich ja auch sehr transparent zu Hause und nehme Kinder auch kindgerechter mit, meine Kinder, auf diesem Weg.

00:50:58: Aber ich habe wirklich gemerkt, ich komme alleine nicht.

00:51:00: weiter und mache das jetzt schon einige, einige Monate und das ist wirklich das bisher auf dem Weg Unterstützendste.

00:51:11: Ich habe natürlich eine gewisse Vorarbeit, dadurch kann diese Therapie auch super, super gut andocken.

00:51:15: Aber ich möchte da unbedingt ermuntern.

00:51:17: und jetzt würde man sicherlich auch sagen, ich bin ja schon eine sehr reflektierte Mutter wahrscheinlich und ich weiß ganz, ganz viel durch meine Arbeit an ganz vielen Stellen und trotzdem fand ich es unglaublich wichtig, mir weiter Hilfe zu suchen bei den Punkten, wo ich gedacht habe, nee, das schaffe ich jetzt nicht allein und damit seid ihr also nicht allein und ich möchte da unbedingt ermuntern.

00:51:39: Ganz am Ende dieser Folge möchte ich noch einmal einen positiven Ausblick schaffen.

00:51:45: Das ist mir immer ganz wichtig.

00:51:48: Der Podcast heißt ja auch ein Kopf voll Gold, wo ein bisschen auch das Gold im Perfektionismus steckt.

00:51:53: Das haben wir gehört, dass das eben nicht einfach nur etwas ist, was wir wegkriegen sollten und wegkriegen wollen.

00:52:03: Was steckt denn so abschließend für dich so vielleicht ganz knackig nochmal für Gold im Thema Perfektionismus?

00:52:12: Eine unglaubliche Schaffenskraft, der Wille weiterzukommen.

00:52:19: und dadurch auch Entwicklung anzustoßen, die andere Menschen vielleicht niemals anstoßen würden.

00:52:26: Danke dafür.

00:52:27: Stefanie, danke für dieses aufschlussreiche Gespräch.

00:52:30: Ich habe mich wirklich richtig doll auf dieses Thema gefreut, nicht nur, weil ich selber viele Andockpunkte damit habe, sondern einfach, weil es dazu so wenig gibt, während es gleichzeitig so viele Menschen betrifft und fordert.

00:52:44: Und ich weiß jetzt ein bisschen mehr, auch als Mama, wie ich meinem Tyrannikus begegnen kann.

00:52:49: Ich habe eine Idee, wie ich mit meinen Kindern davor gehen kann.

00:52:52: Ich habe Impulse für mich als Lehrkraft.

00:52:55: Viele weitere Impulse stellt ihr bereit, nicht nur zu dem Thema, sondern eben auch zu vielen neurodivergenten Formen, zu kindlichen Lernen, allgemein.

00:53:03: Und all da... Zugehörige Kanäle, eure Webseite.

00:53:07: Dieses Buch, euer weiteres Angebot, das verlinke ich alles in den Shownauts.

00:53:11: Schaut euch das in Ruhe durch.

00:53:13: Ganz, ganz, ganz viel kostenloses Angebot.

00:53:15: Das finde ich unglaublich toll, weil es so einfach alle Menschen erreichen kann, alle Eltern und Lehrkräfte erreichen kann.

00:53:21: Ganz egal, wie der finanzielle Background so ist.

00:53:25: Also schaut euch das wirklich, wirklich unbedingt an.

00:53:28: Und ja, noch mal eine ganz große Empfehlung für die Merle.

00:53:32: Die Mann wirklich sehr lieb gewinnt im Verlauf der Geschichte.

00:53:36: Das ist alles so so wertvoll.

00:53:38: Vielen Dank für deine und für eure Arbeit.

00:53:41: Wir hören uns wieder in der nächsten Woche mit einer Ausgabe von Goal to Go.

00:53:45: Ich freue mich drauf.

00:53:46: Bis dahin.

00:53:47: Und zu guter Letzt natürlich noch ein herzliches Dankeschön an Jakob Jens und Voice Art Productions für die Bearbeitung und die Produktion dieser Folge.

00:53:58: Ein Kopf voll Gold.

00:54:00: Was Neurodivagente Kinder brauchen und wie wir sie stärken können.

00:54:06: Ein Kopf voll Gold.

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